Zählobjekt bei der »Stunde der Wintervögel«: Amsel in ungeliebter Jahreszeit

Piepshow

Im Januar schlägt beim Nabu die »Stunde der Winter­vögel«. Die Mitmach-Aktion ist die größte Vogel­zählung des Landes

Der Hausrotschwanz ist ein Ver­lierer. Der Singvogel mit dunklem Feder­kleid und orange-rotem Schwanz brütet in Gebäudenischen und ernährt sich von Insekten. ­Beides ist in Städten selten — und damit auch der Hausrotschwanz.

Dass sein Bestand seit Jahren zurück­geht, weiß man auch durch die »Stunde der Winter­vögel«. Der Umwelt­verband Nabu veranstaltet die — neben der »Stunde der Garten­vögel« im Sommer — größte Vogelzählung des Landes jedes Jahr. Die Mitmach-Aktion ist Forschungs­projekt, Freizeit­aktivität und Umwelt­bildung. Diesen Winter findet die »Stunde der Winter­vögel« vom 6. bis 9. Januar statt.

»Professionelle Ornitho­logen sind froh, dass sich die Gesell­schaft am Vogel­zählen beteiligt. Je mehr Menschen dabei sind, desto besser«, sagt Winfried Toedt vom Nabu Köln. Man braucht weder einen eigenen Garten noch das geschulte Auge eines Ornitho­logen. »Man kann durchs Küchen­fenster zählen, vom Balkon oder man sucht sich im Park ein schönes Plätzchen«, sagt Toedt. Dann erfasst man eine Stunde lang die maximale Anzahl der Vögel einer Art, die gleich­zeitig anwesend ist. »Man zählt alles, was man sieht — vom Kranich, der über den Balkon fliegt, bis zur Kohl­meise, die sich zum Fressen nieder­lässt«, erklärt Toedt. Es gehe nicht darum, seltene Arten zu finden, sondern vor allem um Bestand-Trends bei den häufigen Arten. Um die auch als Laie zu erkennen, stellt der Nabu etwa Steck­briefe und einen Vogel-Quiz online. Nach der Zählung schickt man seine Ergebnisse an den Nabu. 2021 zählten in Köln 2196 Menschen knapp 43.000 Vögel.

Der Nabu verbuchte einen Corona-Effekt: Die Zahl der Teil­nehmenden hatte sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Die Zahl der Vögel hingegen sinkt. Aller­dings seien Städte davon weniger stark betroffen, so Winfried Toedt. »Es gibt Abnahmen im Bestand, aber Städte haben noch eine gewisse Stabilität bei den häufigen Arten.« Die urbanen Vogel­trends hängen zum einen mit der stärkeren Verdichtung von Gebäuden zusammen, zum anderen mit dem Rückgang der Nahrungs­grund­lage. »Häuser sind mittler­weile so gut isoliert, dass es keine marode Stelle gibt, in die zum Beispiel ein Haus­sperling seine Nester setzen kann.« Isolierung sei wichtig, aber durch Begrünung und Brut­kästen müsse man Ausgleich schaffen. »Bei der Nahrung kann man vereinfacht sagen: Körner­fresser haben es noch ganz gut, Insekten­fresser tun sich schwerer«, so Toedt. Fast alle Vogel­arten brauchen Eiweiß­nahrung, um Jung­vögel aufzuziehen. »Wenn es aber weniger Insekten, Maden oder Schmetter­linge gibt, weil die wiederum weniger Laub, Pflanzen oder Hecken finden, fehlt den Vögeln Nahrung.« Aufgeräumte Gärten und versiegelte Flächen haben dies verstärkt. Manche Arten haben damit weniger Probleme: Seit Jahren wandert etwa die Ringeltaube in Städte ein — auch in Köln.

Der Nabu hofft, mit der »Stunde der Winter­vögel« mehr Menschen für die Lebens­grund­lage von Vögeln zu sensibilisieren. »Man gewinnt ein besseres Verständnis dafür, was Vögel brauchen, und wird im nächsten Schritt vielleicht selbst aktiv«, sagt Toedt. Indem man einen Brutkasten aufhänge oder einfach mal den Laubhaufen im Garten liegen lasse. Für den Bestand von Vögeln in Städten ist Winfried Toedt vom Nabu vergleichs­weise optimistisch. In der Fläche mit Mono­kulturen in der Land­wirt­schaft weniger. »Die Vermaisung unserer Land­schaften ist katastrophal für den Vogel­bestand. Das sind keine Natur­flächen mehr, das sind Industrie­brachen.«

Stunde der Wintervögel, 6.–9. Januar, Informationen auf nabu.de und nabu-koeln.de