Seit 2005 veröffentlicht der Journalist und Filmemacher Hermann Rhein­dorf Film- und Fotodokumentationen, die mit Archiv- und privatem Bild­material vergangene Epochen Kölner Stadtgeschichte porträtieren. 2020 brachte er mit »Das alte Köln in Farbe« den ersten kolorierten Film heraus, der das unzerstörte Köln des frühen 20. Jahrhunderts wieder aufleben und erstaunlich gegenwärtig wirken ließ. »Die Nähe, die durch die Kolorierung entsteht, ist schon etwas Besonderes«, findet er. Im Nachfolger »Köln nach dem Krieg in Farbe« widmet sich Rheindorf nun der Phase des Wieder­auf­baus nach Kriegsende bis 1960, als Köln wieder so viele Ein­wohne­r:innen wie vor dem Krieg zählte.

Vor den Augen der Zuschau­er:in­­nen wachsen aus der Trümmerlandschaft die Landmarken empor, die Köln bis heute prägen — Messeturm, Severins­brücke, Rheinpark oder die Seilbahn. »Viele rümpfen über die Kölner Nach­kriegs­architektur die Nase. Sie verkennen die Heraus­forderung, eine ganze Stadt neu aufzubauen«, so Rheindorf.

Das Elend der Trümmerjahre wird sichtbar — die Schlangen vor den Lebensmittelausgaben, der als »Fringsen« bekannte Kohlediebstahl. Doch das Leben findet zurück: Touristen besuchen die Stadt im Aufbau, Köbesse veranstalten ein Straßenrennen, in der Bundesliga kommt es zum Derby des 1. FC Köln gegen Preußen Dellbrück, der K.O.-Schlag des Boxers Peter Müller gegen den Ringrichter geht um die Welt. Besonders eindrucksvoll sind Aufnahmen des Alltagslebens der 1950er Jahre. Auch die Blechlawine, die sich durch das zunehmend autogerechte Köln schlängelt, beginnt das Straßenbild zu dominieren.

Farb- und Bildqualität haben aufgrund des 30 Jahre jüngeren Filmmaterials im Vergleich zum Vorgänger einen Sprung gemacht. Die von Künstlicher Intelligenz unterstützte Muster- und Farberkennung der Kolorierung ist so ausgereift, dass Rheindorf und sein Team das Verfahren auch anderen Produktionen anbieten wollen. »Technisch sind wir inzwischen auf einem Niveau, das nicht viele in Deutschland erreichen«, sagt er. »Darin sind wir vielleicht noch nicht Champions League, aber auf jeden Fall Bundesliga.«