»Die Marter des Heiligen Laurentius« mit rückseitiger Beleuchtung, Abteilung Kunsttechnologie und Restaurierung im Wallraf, Foto: RBA Köln

Pinselwissenschaft

Das Wallraff-Richartz-Museum fragt nach dem Handwerk der Maler

Mehr, sehr viel mehr als etwas bloß Materielles zu sein gehört zu den Bedingungen der Malerei als Kunst. So kann sie ihren Status behaupten, lassen sich Preise, Sammlerkult und musealer Aufwand einigermaßen erklären. Natürlich muss Malerei zugleich materiell sein, um als Kunst in Erscheinung treten zu können. Dass es nicht bloß Ölfarbe und Leinwand gibt und sich einiges mehr zwischen diesen beiden Hauptzutaten verbirgt, macht die im besten Sinne lehrreiche Ausstellung »Entdeckt! Maltechniken von Martini bis Monet« sichtbar.

Die Präsentation füllt  das ge­samte dritte Stockwerk des Wallraf-Richartz-Museum, wo sonst die Kunst des 19. Jahrhunderts ausgebreitet ist. Diese musste ins Untergeschoß umziehen, dessen trübe Kellerhaftigkeit selbst von der Lichteuphorie (post)impressionistischer Malerei nicht wirksam erhellt wird. Wie die Impressionisten ihre Malerei mit Licht aufladen konnten, zeigt »Entdeckt!«, neben vielem anderem. Farbige Grundierungen und die Kunst des Nichtmalens spielen dabei eine Rolle.

Damit wären wir schon mitten in der Ausstellung, die ihr Thema systematisch präsentiert: Von den Malgründen über Grundierungen und Vorzeichnungen zur eigentlichen Malerei bis hin zu Malwerkzeugen und Firnis. Das alles wird überaus anschaulich vor allem an Werken aus dem eigenen Bestand erläutert (ja, es gibt einiges zu lesen) und gezeigt (Materialproben, Filme). Vermeintlich bekannte Bilder enthüllen andere Dimensionen, erscheinen in einem neuen Licht.

Wörtlich zu nehmen ist dies im ersten, den Bildträgern gewidmeten Raum. Neben Holz, Leinwand, Kupfer und Zink wird auch Stein als Untergrund vorgestellt. Eine barocke »Marter des Heiligen Laurentius«, gemalt auf halbtransparentem Kalksinter, entfaltet ihren speziellen schaurigen Reiz durch eine rückseitige simulierte Kerzenbeleuchtung, die die Illusion eines lodernden Folterfeuers perfekt wer­den lässt. Eigentlich Unsicht­bares zeigen großformatige Röntgen­aufnahmen und Infrarotreflekto­gram­­me in anderen Räumen. Sie machen Entwurfsstadien, Umarbeitungen, Übermaltes wieder sichtbar. Deutlicher als sonst ist das allein mit Malspachteln erzeugte lebendige Farb­relief in einer Skizze Gabriele Münters in der »Pinsel«-Abteilung zu sehen — oder die zuvor nie be­­merk­ten, mittels Firnis erzeugten raffinierten Glanzeffekte bei Hodler. »Entdeckt!« ist ein Augenöffner.   

Wallraf-Richartz-Museum, Di–So 10–18 Uhr, jeden 1. und 3. Do im Monat 10–22 Uhr, bis 13.2.22. Der empfehlenswerte Katalog kostet 30 €.