Trotz Asia-Hype wurden Quallen in Köln noch nicht serviert

Die Quallefizierung

Lösung des Welternährungsproblems oder bloß neueste Mode: Wird die Qualle zum Superfood?

Neue kulinarische Ideen müssen, um sich durchzusetzen, einerseits ein bisschen ungewöhnlich sein, dürfen andererseits aber auch nicht dem Massengeschmack zuwiderlaufen. Zuletzt scheiterten daran Snacks und Gerichte mit Insekten. In vielen Weltregionen ist das Alltagsküche, doch in den Metropolen des Westens blieben Maden-Burger und Heuschrecken für den Grillabend bloß ein kurzer Foodie-Spaß. Bis in den Discounter schafften sie es nicht. Interessant am Flop ist, dass er mit dem Hinweis einherging, Insektenküche könne das Welternährungsproblem lösen. Aber Sattwerden und Kulinarik, das sind zwei ganz verschiedene Dinge, einmal geht es um Essen, einmal um Schmecken.

Seit kurzem erleben wir etwas ähnliches: Der Hype um die Qualle wird ernährungspolitisch flankiert, auch sie gilt in manchen Ländern, etwa in China, schon ewig als Leckerei und wird als Suppe oder Salat zubereitet.

Holger Kühnhold vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung teilte bereits mit, Quallen schmeckten wie Krautsalat. Ob das den Zweiflern den Mund wässert? Vielleicht das bessere Argument: Quallen sind proteinreich und kalorienarm — kommt hier das neue Superfood?

Wer da hellhörig wird: Thomas Vilgis vom Max-Planck-Instituts für Polymerforschung, der übrigens auch sehr fundierte Kochbücher schreibt, hat mit seinem Team schon 2019 die optimale Zubereitung ermittelt. Die traditionelle Methode, die Qualle in Salz und Alaun ­einzulegen, verhindert, dass sie beim Erwärmen zu Schleim ­werden — aber dauert Wochen! Um die Zubereitungszeit zu verkürzen, empfiehlt Vilgis, sie in Ethanol einzulegen. Es reichen zwei Tage! Dann ist die Qualle sogar knusprig, und gar nicht glibberig! Nun ist Ethanol aber ein Alkohol. Ob die Qualle daher nach dieser Prozedur noch halal ist, müssen andere Fachleute als die vom Max-Planck-Institut entscheiden. Um das Welternährungsproblem zu lösen, wäre das sicher günstig. Trotz Asia-Hype wurden Quallengerichte in Köln noch nicht serviert. Aber in den 80er Jahren war es hierzulande auch kaum denkbar, rohen Fisch zu essen.