Wer meint, im Agnesviertel zu wohnen, soll mal in den Perso gucken: Blick auf die Agneskirche in Neustadt-Nord

Veedel der Herzen

Die Innenstadtviertel haben kölsche Namen. Aber in den Ausweisen der Bewohner stehen sie nicht

Inzwischen weiß wirklich jeder Mensch im Rathaus, wo FDP-Chef Ralph Sterck getauft wurde: in der Agneskirche. Das hat er im Rat nämlich schon oft erzählt. Zu seinem Leidwesen stand das Agnesviertel, in dem er sein halbes Leben verbracht hat, jedoch nie in seinem Personalausweis. Sondern der unschöne, technische Name »Neustadt-Nord«. Wer, bitteschön, kann sich damit identifizieren?

Auch im Kunibertsviertel, am ­Griechenmarkt und überall in der Innenstadt das gleiche Problem. Nirgendwo finden die Bewohner die klangvollen, emotional aufgeladenen Namen ihrer Veedel in offiziellen Dokumenten wieder. Stattdessen werden sie als Einwohner von Altstadt-Nord oder Neustadt-Süd geführt. Das haben die Preußen in Köln eingeführt, und so ist es bis heute geblieben.

Der FDP-Chef aber will endlich »die Namen an die Realität anpassen«. Seit dreizehn Jahren versucht er beharrlich, den Innenstädtern zu ihrem Recht zu verhelfen, und er findet Unterstützer in den anderen Parteien. Schon 2011 stimmte der Rat dafür, und weil nichts geschah, im Dezember 2019 noch einmal: die Verwaltung soll prüfen, wie und zu welchen Kosten so eine Umbenennung zu bewerkstelligen sei. Fast alle Parteien waren dafür, sogar die SPD, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es in Köln doch wichtigere Probleme gebe.

Inzwischen hat die Verwaltung geprüft, doch das Ergebnis kann Ralph Sterck nicht gefallen. Von einer Neugliederung wird abgeraten, denn mit neuen Ortsschildern oder Aufklebern im Perso sei es nicht getan. Stimmbezirke müssten neu zugeschnitten werden, der Bedarf für Schulen und Kitas neu geplant, Bevölkerungsprognosen neu gerechnet werden. Kurz, der Aufwand sei zu groß. Außerdem haben die Experten in der Verwaltung ein weiteres Problem ausgemacht: Die großen Innenstadt-Veedel wie Belgisches Viertel oder Südstadt könnten zwar grundsätzlich zu offiziellen, eigenen Stadtteilen werden. Andere »Raumeinheiten«, wie etwa der Eigelstein, entsprächen jedoch »nicht den Anforderungen an Stadtteile«: Es wohnen darin einfach zu wenig Menschen. Die Verwaltung nennt sie eine »Restmenge«, die man anderen, größeren Vierteln zuschlagen müsse.

Die preußische Gliederung ist da einfach praktischer, das finden inzwischen auch die Grünen. Die grün geführte Bezirksvertretung Innenstadt hat sich von der Umbenennung schon wieder verabschiedet, sehr zum Bedauern der CDU, deren Vertreter beklagte, »dass viele Jüngere keinen Bezug mehr zu ihrem Veedel haben«. Aber warum sehen sich die Fürsprecher der kölschen Veedel nicht auch mal in den Außenbezirken um? Eine historisch gewachsene, der Alltagssprache entlehnte Bezeichnung kann auch Volkhoven/Weiler nicht sein. Und wer sagt schon von sich, er stamme aus Esch-Auweiler? In Porz sind die Probleme anders gelagert, denn dort darf man die Viertel keinesfalls als Porz-Lind oder Porz-Wahn bezeichnen, sie dürfen nur Lind und Wahn heißen, sonst käme man womöglich auf die Idee, Porz gehöre gar nicht zu Köln. Dafür nimmt man sogar in Kauf, dass es bei Langel zu Verwechslungen kommt, denn das gibt es nicht nur in Porz, sondern auch linksrheinisch, ganz im Norden. Man sieht, auf die Verwaltung wartet noch viel Arbeit.