Zeigte keine Reue: Hans-Josef Bähner (links) mit seinen Verteidigern Mutlu Günal und Boris Krösing

Rassismus, gerichtlich ­bestätigt

Der Porzer CDU-Politiker Hans-Josef Bähner ist zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden

Drei Jahre und sechs Monate Haft für Hans-Josef Bähner, ohne Bewährung — als der Vorsitzende Richter der 14. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts am achten Prozesstag gegen halb vier das Urteil verkündet, ist die Überraschung im Gerichtsaal spürbar. Wenig hatte im Verlauf des Verfahrens auf ein so deutliches Urteil hingewiesen.

Der Vorsitzende Richter Ralph Ernst erklärte, es sei erwiesen, dass der damals 72-jährige Bähner am Abend des 29. Dezember 2019 vorsätzlich mit einer Pistole der Marke Bernadelli, die er illegal besaß, auf Krys M. geschossen habe. Der war mit seinen drei Freunden am Porzer Rheinufer unterwegs, mit Wodka-O und Musik, und auf dem Gehweg vor Bähners Bungalow stehen geblieben. Bähner habe sich von den jungen Männern massiv gestört gefühlt, sei darüber in Rage geraten, und habe sie rassistisch beleidigt. »Er betitelte sie als Dreckspack, Scheiß K****en oder Drecks-ausländer«, so der Richter, der darin das »fremdenfeindliche Motiv« der Tat begründete.

In der Hauptsache habe man sich für das Urteil aber mit der Schussabgabe beschäftigt. Bei dem Schuss aus maximal fünf Zentimetern Entfernung habe Krys M. großes Glück gehabt, so der Richter. »Er hätte auch tot sein können, dann wäre der Angeklagte vor dem Schwurgericht gelandet.« Mehrfach wies Ernst darauf hin, dass sowohl Krys M., als auch zwei seiner drei Begleiter vor Gericht von psychischen und teils körperlichen Folgeschäden der Tat berichtet hatten, die bis heute andauern.

Der Angeklagte hatte zu Prozessbeginn in einer Erklärung eine Notwehrsituation beschrieben, der Schuss habe sich versehentlich gelöst. Nichts spreche dafür, dass es so gewesen sei, und auch die zweite These der Verteidigung räumte Richter Ernst nüchtern ab: »Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass es eine Absprache zwischen den Zeugen gegeben hat«.

Denn das war der Kern der Strategie von Verteidiger Mutlu Günal, der Freispruch gefordert hatte. Noch in seinem Plädoyer bezeichnete er das Opfer als »Hochstapler« und »Lügner«, der mit seinen Begleitern die rassistischen Beleidigungen im Nachhinein erfunden habe. Drei der vier Zeugen hatten erst in einer zweiten Vernehmung zehn Tage nach der Tat von rassistischen Beleidigungen gesprochen.

Beweise für eine Absprache hatten Günals teilweise aggressiv und polternd geführten Befragungen nicht erbracht, allenfalls das Gefühl, die Zeugen säßen auf der Anklagebank. »Das, was die Verteidigung mit unverschämten Angriffen und Unterstellungen inszeniert hat, war eine Show«, sagte die Anwältin der Nebenklage, Edith Lunnebach, in ihrem Plädoyer. Die Zeugen hätten nicht gleichförmig ausgesagt, keiner habe ihren Mandanten Krys M. geschont. Alle vier hatten eingeräumt, dass der betrunkene M. durchaus auf Bähners Provokationen eingegangen war, sich mit ihm an der Gartenmauer gestritten und ihn auch beleidigt hatte.

Warum hat also keiner der drei Begleiter in der Tatnacht von Rassismus gesprochen? »Sie waren vom Tatgeschehen zutiefst beeindruckt und schockiert«, so Staatsanwalt Sinan Sengöz in seinem zweistündigen Plädoyer, »es war keine harmlose Diskoschlägerei, sondern ein potenziell tödlicher Schuss gegen einen ihrer Freunde.« Außerdem habe sich die Polizei primär um die Aufklärung der Schussabgabe gekümmert, eine Erklärung, die auch Richter Ernst übernahm.

Einig waren sich Gericht und Staatsanwalt auch bei der Frage der teilweise rechtsextremen Facebook-Posts von Bähner. In ihnen komme die »fremdenfeindliche Gesinnung« des Angeklagten zum Ausdruck, die für die Tat gemäß Paragraph 46 StGB relevant ist. »Das Urteil setzt ein Zeichen, dass rassistische Motive tatsächlich straferschwerend berücksichtigt werden müssen«, zeigte sich Nebenklage-Anwältin Lunnebach zufrieden.

»Wir haben nicht mit dem Urteil gerechnet, wir sind positiv überrascht«, sagt Berena Yogarajah von der Initiative Tatort Porz, die den Prozess von Anfang an kritisch begleitet hat. »Dass rassistische Motive im Urteil anerkannt sind, ist wichtig, weil es auch für die Betroffenen eine Anerkennung bedeutet.« Dass Bähner nie Reue gezeigt und die Verteidigung auf Freispruch plädiert habe, unterstreiche die politische Dimension des Falls.

»Wir verurteilen die begangene Tat und distanzieren uns ausdrücklich davon,« sagte Bernd Petelkau, Fraktionsvorsitzender der CDU im Kölner Stadtrat über das Urteil gegen seinen Parteikollegen. Bähner saß zum Zeitpunkt der Tat für die CDU in der Bezirksvertretung Porz. »Wir verurteilen den Einsatz einer Schusswaffe ebenso wie ­jegliche Form von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufs Schärfste.« Dies sei mit den Grundsätzen seiner Partei unvereinbar.

Verteidiger Günal sprach hingegen von einem Skandal-Urteil. Er habe vor eine Wand gesprochen, Staatsanwaltschaft und Gericht seien offenbar in einer anderen Beweisaufnahme gewesen als er. Günal kündigte an, vor dem Bundesgerichtshof in Revision zu gehen.