Die Lässigen: Adrianne Lenker, Max Oleartchik, James Krivchenia und Buck Meek (von links)

Zwischen Überdruss und Hoffnung

Big Thief melden sich mit neuem Album zurück — und mit einer Tour

Wie machen die das? Dass sie so lässig klingen, was aber nie auf Kosten der Würde und Ernsthaftigkeit ihrer Songs geht; dass sie sich an (vermeintlich) uramerikanischen Themen abarbeiten, aber ihre schillernde Frontfrau Adrianne Lenker alles das nicht verkörpert, was nach Staub, Schlamm und Laub riecht. Freilich schreibt sie Songs, die genau damit spielen: Eskapismus, Naturverbundenheit, Introspektion.

Die ursprünglich aus Brooklyn stammende, ihre Alben aber bewusst an möglichst extrem verschiedenen Orten in den USA aufnehmende Gruppe wird seit ihren beiden 2019er Alben »U.F.O.F.« und »Two Hands« zugetraut, die in diesen globalisierten Zeiten einem immer limitierter vorkommende Indie-Musik quasi im Alleingang zu retten. Tatsächlich muss man schon einige Jahre zurückgehen, um eine vergleichbare Band zu finden, die so stur wie inspiriert an ihrer Vision des großen amerikanischen Songs arbeitet — und dennoch unprätentiös und ohne Attitüde daherkommt. Anders als Indie-Ikonen wie Dinosaur Jr. oder Yo La Tengo geht es Big Thief wirklich um Songs, um Geschichten am Lagerfeuer, auch wenn die Geschichten verrätselt sind und das Lagerfeuer ostentativ künstlich.

Im ersten Corona-Jahr brachte Lenker zwei Solo-Alben voraus (das Doppelgänger-Motiv verfolgt sie recht konsequent), die unbeabsichtigt beabsichtigt zum Soundtrack dieses Jahres wurden, weil sie Rückzug eben nicht mit Resignation verbanden und Lenker als sensible Klangforscherin, immer neugierig, andere Welt zu entdecken, vorstellten. Big Thiefs kommendes fünftes Album, die Doppel-LP »Dragon New Warm Mountain I Believe In You« (siehe Besprechung in unserer Rubrik »Tonträger«), haben sie an vier verschiedenen Orten aufgenommen — Up­state New York, Topanga Canyon, Rocky Mountains und Tucson in Arizona. Sie vermessen Landschaften, laden sie emotional auf, und obwohl die Band selbstverständ­lich ablehnt, Repräsentanten ihrer Generation zu sein, ist ihre Musik konsensstiftend. Man muss sie nur hören.

Ist das wirklich wahr, dass sie im Februar auf Tour sind und dann auch in Köln halt machen wollen? Kann man kaum glauben. Wäre wunderbar und tatsächlich unseren Mentalitäten zwischen Überdruss und Hoffnung angemessen.