Plug and Play: Das »fünfzehnminuten Festival« 2019, Foto: Jan Schliecker

»Der Sprung ins kalte Wasser ist Teil des Konzepts«

Christian Klingebiel co-organisiert das Nachwuchsfestival »fünfzehnminuten«

Herr Klingebiel, der Nachwuchs tritt diesmal in der Tanzfaktur auf. Bieten sich da neue Möglichkeiten?

Ja, mit Sicherheit. Wir mussten Mitte des letzten Jahres unser Stammhaus, die Alte Mensa der Uni Köln, aufgrund von Brandschutzmängeln leider verlassen. In der Tanzfaktur sind die Spielstätten teils in sepa­raten Gebäuden untergebracht, sodass der Außenbereich dazwischen nun als Wartebereich dienen muss. Das birgt bei den Anfang Februar zu erwartenden Temperaturen natürlich große Herausforderungen, diese Bereiche für unsere Besu­cher*­­innen attraktiv zu gestalten. Unter anderem daran arbeiten wir gerade fieberhaft.

Wer zählt als Nachwuchs?

»fünfzehnminuten« ist seit seiner ersten Ausgabe in 2013 ein unkuratiertes Festival. Wer sich rechtzeitig be­wirbt, um einen Platz zu ergattern, bekommt diesen auch, solange es noch freie Slots gibt. In erster Linie richtet sich dieses niedrigschwellige Bewerbungsverfahren somit an Nachwuchskünstler*in­nen. Wir wollen damit vermeiden, dass sich Künstler*innen erst ei­­nem Auswahlgremium als Gate­keeper, mit all den eventuell damit verbundenen Bedenken und Ängsten, stellen müssen. Da die rechtzeitige Bewerbung das einzig ausschlaggebende Kriterium ist, kann man bei uns aber auch professionalisierte Teilneh­mer*in­nen erleben.

Wo kommen die Teilnehmer diesmal her?

Das kann ich gar nicht sagen. Wir sind darauf angewiesen, dass die Teilnehmer uns einen kleinen Text zur Verfügung stellen, den wir dann im Programmheft abdrucken. Sie können selbst darüber entscheiden, welche Informationen sie preisgeben möchten.

Das Programm zeigt, dass enorm viel Kreativität und thematisches Engagement in diesen Auftrittsmöglichkeiten zum Vorschein kommt. Die Aufregung muss schon vorher zu spüren sein?

Ja, das ist richtig. Die Bandbreite ist auch weit gefächert. So erleben wir im Vorfeld Bewerber*innen, die bis ins letzte Detail, die Möglichkeiten der Räumlichkeiten abfragen und sich Besichtigungstermine wünschen, aber auch Teilnehmer*innen, die nur kurz ihre Teilnahme bestätigen und dann erst wenige Minuten vor ihrem Auftritt vor Ort erscheinen. Eine Stärke des Formats ist die stringente, schnelle Taktung. Diese lässt den Akteur*innen, aber auch unserem technischen Personal, nicht viel Platz, zu hadern oder Entscheidungen lange in Frage zu stellen. Die Slots beginnen jeweils halbstündig, da ist die Uhr gnadenlos. Der Sprung ins kalte Wasser ist fester Teil des Konzepts.

Wie kommen die Teilnehmer denn mit den 15 Minuten klar?

Müssen am Ende welche von der Bühne geangelt werden? Das Konzept ist so klar umrissen, dass es nur in den seltensten Fällen dazu kommt, dass das Zeitlimit überschritten wird. Wir beobachten stets, dass sich vom ersten Tag an automatisch eine starke kollegiale Solidarität einstellt, da sich die Künstler*innen im Wechsel von Slot zu Slot ja förmlich die Klinke in die Hand geben. Sollten wir bemerken, dass jemand auf der Bühne mit seinem Zeitgefühl etwas daneben liegt, so flackern wir ab Minute fünfzehn dezent mit dem Bühnenlicht.

Ist es so, dass sich diese Chance, vor Publikum aufzutreten, vor allem an den Kölner Bildungseinrichtungen herumspricht, oder gelingt es heute, andere Milieus mit anzu­sprechen?

Natürlich haben uns seit Beginn gerade Künstler*innen aus theateraffinen Einrichtungen auf dem Radar und bewerben sich somit auch regelmäßig. Wir verlangen keinen Eintritt, daher war das »fünfzehnminuten«-Publikum stets sehr heterogen. Nach zehn Jahren arbeitet sicherlich auch die Zeit für uns. Mund-zu-Mund-Propaganda führt zu einem Trickle-down-Effekt in alle Milieus, die Herkunft unserer Bewerber*innen betreffend. Das war immer unser Ziel.

Neben Raum und Technik, wie viel Unterstützung brauchen die Teilnehmer?

Im Vorfeld kommunizieren wir das Festival gerne als »plug and play«-Format. Das führt automatisch dazu, dass die Akteure sehr autark und souverän und stets gut vorbereitet vor Ort erscheinen. Genausowenig wie wir als Orga­nisatoren die Beiträge kuratieren, leisten wir dramaturgische Hilfestellungen oder Ähnliches. Wir selbst sehen die Beiträge beim ­Festival auch zum ersten Mal. Jede unserer Bühnen wird von drei Techniker*innen betreut.

Sind Sie, wenn’s hart auf hart kommt, auf eine digitale oder hybride Ausgabe vorbereitet?

Aufgrund der Pandemie haben wir bereits im Mai 2020 als Spin-Off unser sogenanntes »fünfminuten festival« aufgelegt und die Studiobühne kurzerhand zu einem kleinen Fernsehstudio ertüchtigt. Die Teilnehmer konnten hierfür im Vorfeld fünf Minuten lange Videos einreichen. 2021 mussten wir das Konzept sogar noch weiter eindampfen, da die Uni Köln uns ins Homeoffice geschickt hat. Meine Wohnung wurde so zu einer Sendezentrale. Sollte es also wirklich hart auf hart kommen, so haben wir die erforderliche Expertise gesammelt um auch für dieses Jahr eine alternative Form zu finden. Wir hoffen aber auf »fünfzehnminuten« in Präsenz!

Das Interview wurde per Mail geführt.

TanzFaktur, 3.–5.2., ­studiobuehnekoeln.de, Eintritt frei