Schluss mit dem »Rückseitencharakter«: Jetzt wird der Grünzug Nippes geplant

Bruch mit der Brache

Rund um die Hochbahn in Nippes soll eine Parklandschaft entstehen

Die autogerechte Stadt ist immer da am schönsten, wo sie nicht zu Ende geführt wurde. So hat man die Neusser Straße auf Höhe des Grüngürtels unterbuddelt, damit dort Autos auf die geplante Stadtautobahn auffahren können. Heute rollen dort aber nur Skater auf der Lohserampe. Stadtauswärts, am Gürtel, verkehrt seit beinahe fünfzig Jahren die Linie 13 auf Stelzen, damit, so der Plan, das Auto ungestört von Ehrenfeld nach Mülheim rübersausen kann. Doch 2018 entschied der Rat, die Planungen für die Schnellstraße aufzugeben. Der »Gürtelschluss« bleibt unvollendet, zumindest für den PKW.

Denn heute setzt man aufs Fahrrad. Unter der Hochbahn wird ein Radschnellweg gebaut, und das nimmt die Stadt zum Anlass, rechts und links davon einen Grünzug anzulegen. Von der Merheimer bis zur Amsterdamer Straße, von Mauenheim über Weidenpesch und Nippes bis Niehl soll eine »offene Parklandschaft« entstehen, die Verbindungen schafft zum Nippeser Tälchen, Toni-Steingass- und Nordpark. Die Linie 13 bekommt eine neue Haltestelle an der Niehler Straße.

Bürgerinnen und Bürger stellen ihre Ideen dazu bei einem Onlineworkshop vor: Sie möchten Grillfeuerstellen, einen Schwimmteich, Urban Gardening, einen Demenzgarten, Hundefreilaufflächen, einen Stadtbauernhof, Minigolfanlage, BMX-Strecke, Schaukeln für Erwachsene und vieles mehr. Doch viele Wünsche, das deutet der von der Stadt Köln beauftragte Landschaftsarchitekt an, bleiben wohl unerfüllt.

Denn der künftige Grünzug ist zwar 1,6 Kilometer lang, an manchen Stellen aber gerade mal vierzig Meter breit. Und »Radweg« mag harmlos klingen, aber auch der braucht Platz: Fünf Meter soll er breit werden, plus Raum für eine »Wartungstrasse«. Neun bis zehn Meter müsse man für diese Wege freihalten. Der Landschaftsarchitekt muss den Spielverderber geben: Auch die gewünschte Boulderanlage unter der Hochbahn kommt leider nicht, Brandschutz.

Zwischen Neusser Straße und Niehler Kirchweg befindet sich ein großer, kostenloser Parkplatz, hier triumphiert die autogerechte Stadt ganz ohne Gürtelschluss. Ein türkischer Supermarkt und zwei Häuser dürfen hier als einzige den Straßennamen Niehler Gürtel führen — jedoch gleich mit den Hausnummern 102 bis 106, denn man wollte zeigen, dass der größte und beste Teil des Projekts noch bevorsteht. Doch nun geht es den Parkplätzen an den Kragen, statt Autos sollen hier bald Bienen brummen.

Richtung Amsterdamer Straße folgt dann eine Brache, die zwischen allerlei Gestrüpp schon heute beste BMX-Strecken bereithält, die jedoch ganz ohne städtische Planung entstanden sind. Auf den Trampelpfaden rund um die Hochbahn sieht es manchmal richtig schön aus, je nach Wetter und Vermüllungsgrad aber auch einfach nur trostlos. »Rückseitencharakter« habe diese Landschaft, sagt der Landschaftsarchitekt. Das ist zwar richtig, klingt aber irgendwie gemein, und die Beschreibung trifft nicht nur auf diesen Teil Kölns zu. Vielleicht wird hier bald Beachvolleyball oder Wikingerschach gespielt. Den Erhalt der Brache hat sich leider niemand gewünscht.