Wo führt das alles bloß noch hin? Marsdorf ist der Abstellplatz für Projekte, die anderswo nicht hinpassen

Taktisches Geplänkel

Parkstadt Süd, Frischezentrum und FC-Erweiterung: Die Planung von drei Großprojekten hat sich verhakt. Die Politik wirkt ratlos. Ist nun eine Lösung in Sicht?

Alles schien so einfach: Weil in Raderthal das Quartier »Parkstadt Süd« geplant wurde, sollte der dortige Großmarkt als Frischezentrum in Marsdorf neu eröffnen. Doch 15 Jahre nach dem ersten Ratsbeschluss gibt es weder die neuen Wohnungen im Kölner Süden noch das Frischezentrum im Westen. Das liegt auch an einem weiteren Projekt: Der 1.FC Köln will im Äußeren Grüngürtel am Geißbockheim ein neues Leistungszentrum und drei neue Kunstrasenplätze auf der Gleueler Wiese bauen — im Landschaftsschutzgebiet. Zwar stimmten im Juli 2019 SPD, CDU und FDP den Plänen zu. Doch zum einen hat der FC keinen Pachtvertrag für das Gelände, zum anderen wird derzeit gegen die Pläne vor Gericht geklagt, unterstützt etwa von der Umweltschutzorganisation BUND.

Auch gegen ein Frischezentrum in Marsdorf gab es zwischenzeitlich Proteste — vor allem von der CDU und auch den Grünen in Lindenthal. Sie fürchteten eine Zunahme des LKW-Verkehrs und weitere Umweltschäden.

Das Wirrwarr verstärkte dann noch Henriette Reker: Erst war die OB für die FC-Pläne, dann aber dagegen. Die Grünen wollen den Ausbau verhindern, doch ihr Partner CDU ist dafür. Man vereinbarte in der neuen Bündnisvereinbarung ein Moratorium, die Sache wurde wieder vertagt. Die Grünen hoffen auf das Gerichtsurteil zulasten des FC. Die CDU laviert herum, will sich weder gegen Klimaschutz noch gegen den FC aussprechen. Attackiert werden beide von der SPD, die sich mit viel Kölschtümelei als »verlässlicher Partner« des FC profiliert. Das kommt in Köln gut an.

Ein Spiel auf Zeit kann sich eigentlich niemand mehr leisten. Der Großmarkt muss 2025 aus Raderthal weg, der Auszug wurde ohnehin bereits aufgeschoben, schon jetzt hat die Parkstadt Süd Verzug. Auch der FC hat es eilig. Doch wer wann wo wie groß bauen darf, ist weiterhin unklar.

Die Debatte hat mit der Ratssitzung im Dezember wieder Fahrt aufgenommen. »Die Zeit des Herumlavierens ist vorbei«, hatte Christiane Martin, Fraktionschefin der Grünen, dort gesagt — und das Projekt mit CDU und Volt in die nächste Extrarunde geschickt: Das Bündnis schmetterte die Vorlage der Verwaltung für das Frischezentrum ab. Von 27 Hektar wurde die Fläche vom Bündnis auf nur noch elf Hektar verringert. Das ruft den Unmut der Markthändler hervor, ein Frischezentrum im Kleinformat sei nicht rentabel. Die Kritik lautet: Das Bündnis begräbt das Frischezentrum in Marsdorf. Tatsächlich halten die Grünen die Pläne für überdimensioniert und nicht mehr zeitgemäß. Sie bevorzugen eine kommunale Ernährungsstrategie mit regionalen Lebensmitteln, wie es auch der Kölner Ernährungsrat vorsieht — Äpfel aus Meckenheim statt Kiwis aus Neuseeland. Vor allem aber will das Bündnis mit seiner Kehrtwende ein anderes Problem lösen. Man will in Marsdorf ausreichend Platz für das FC-Leistungszentrum lassen. Die Sache hat nur einen Haken: Der FC will offenkundig gar nicht auf den Acker in Marsdorf.

Wie also Gleueler Wiese retten, Geißbockheim ausbauen und ein wirtschaftlich tragfähiges Frischezentrum errichten? Ein Vorschlag kommt ausgerechnet von der Seitenlinie: vom ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der Grünen und langjährigen Vorsitzenden des Liegenschaftsausschusses Jörg Frank. Er schlägt vor, dem FC zuzugestehen, das Leistungszentrum auf einer bereits versiegelten Fläche am Geißbockheim zu bauen. Im Gegenzug verzichtet der FC auf die Kunstrasenplätze auf der Gleueler Wiese und soll Trainingsplätze der Bezirkssportanlage Bocklemünd nutzen. Außerdem soll der FC von allen ­Ausbau-Plänen im Grüngürtel für immer rechtsverbindlich absehen. »Wenn jetzt über einen Kompromiss verhandelt würde, ohne weitere Zeit zu verlieren, wäre der Konflikt lösbar«, glaubt Frank. Es ist eine öffentliche Aufforderung an das Ratsbündnis und vor allem an seine alte Fraktion.

Der FC hält die Idee dem Vernehmen nach für diskutabel. Auch der BUND zeigt sich kompromissbereit. Denn auch den Plan, dem FC in Marsdorf große Flächen zur Verfügung zu stellen, sieht man dort nicht unkritisch. »Das ist ein Kaltluftentstehungsgebiet mit wertvollsten Böden für Landwirtschaft und Biodiversität«, sagt Helmut Röscheisen aus dem BUND-Vorstand in Köln.

Er sieht ein FC-Leistungszentrum mit Tiefgarage am Geißbockheim zwar als »schweren Eingriff in Landschaftsbild und Natur«, aber man könnte es auf dem Parkplatz bauen, wo der Grüngürtel ohnehin schon versiegelt ist — bei anschließendem Rückbau des Geißbockheims und Ausgleichsmaßnahmen wie der Renaturierung eines Sportplatzes im Äußeren Grüngürtel. »Das ist eine Überlegung, an die wir uns vorsichtig heranwagen«, so Röscheisen. »In Abwägung auch mit dem Landschaftsverbrauch in Marsdorf könnte das vertretbar sein. Verzicht auf Trainingsplätze auf der Gleueler Wiese vorausgesetzt.«