Atomkraft? Nein, danke! Populärkultur? Ja, bitte!

Zurück in den Alltag

Out of the past Filmgeschichte auf Kölner Leinwänden

Die Reihe »Edgar Wallace jagt Dr. Mabuse« im Filmclub 813 passt zu zwei Jahrestagen — dem 90. Todestag der britischen Pulp-Krimi-Ikone und dem 100. Geburtstag seines deutschen Stammverlages Goldmann. Letzterer ist besonders wichtig, wenn es um bundesdeutsche Sixties-Krimi-Kino-Kultur geht, wozu ja so einiges an Filmen nach anderen Autoren, die zum Teil ebenfalls bei Goldmann verlegt wurden, gehört. So auch Edgar Wallace’ Sohn Bryan Edgar, der — nominell — die Vorlage lieferte für Franz Josef Gottliebs fabelhaft verschrobenen Pferderennen-Thriller »Das siebente Opfer« (1964). Los geht die Reihe mit Alfred Vohrers poppiger Scharade »Der Hexer« (1964), der sich noch besser schaut, wenn man die Lösung kennt, weil man sich dann erst so richtig am Raffinement der Inszenierung erfreuen kann. Das (polit-)historisch wichtigste Werk der Auswahl ist zweifelsohne Harald Reinls »Im Stahlnetz des Dr. Mabuse« (1961) — ein Kommentar der Altbranche zum Eintritt der BRD in die Atomenergie. Während der Kommerz von den Gefahren dieses Prozesses sprach, huldigte der Junge Deutsche Film nämlich kunstbeflissen dem Netzgang des ersten kommerziellen Kernkraftwerks des Landes. Warum man ausgerechnet Harald Philipps weniger bemerkenswerten Jerry Cotton-Knaller »Um null Uhr schnappt die Falle zu« (1966) dazu gepackt hat — wer weiß. Der Freude tut’s keinen Abbruch.

Von Umsicht zeugt die Reihe »Female Subversions — Weibliche Variationen des Erotikthrillers«. Sie thematisiert einen blinden Fleck der Filmgeschichtsschreibung: Jene Periode in den 1980ern und frühen 90ern, als es im US-Mittelbau ein populärfeministisches Kino gab, das sich für die Interessen wie Begierden, aber auch sozialen ­Leiden von Frauen aus der Arbeiter- wie der unteren Angestelltenklasse interessierte. Sowohl Karen Arthurs »Lady Beware« als auch Mary Lamberts »Siesta« (jeweils 1987) sind Beweise dafür, wie reich die oft so geschmähten 80er Jahre waren. Sowohl Susan Streitfelds »Female Perversions« (1996) als auch Jane Campions »In the Cut« (2003) — beides bemerkenswerte Arbeiten! — zeigen dagegen, dass das Kino sich ab Mitte der 90er immer weiter vom Publikumsalltag entfernte, immer kunstsinniger, immer weniger selbstverständlich wurde — und dass man in dieser Zeit einen Freund beziehungsweise eine Freundin in Gestalt einer Haltung zur Kunst wie zum Leben verlor.

Mehr zum Programm im Filmclub 813 unter filmclub-813.de