Sucht langfristige Beziehung: Festungsanlage Fort X im Grüngürtel

Für immer fort

Ein Karnevalsverein und das »Haus der Demokratie« konkurrieren um das Fort X im Agnesviertel

Die Fassade bröckelt, aus dem Dach wächst Unkraut. Die preußische Festungsanlage im Hilde-­Domin-Park verfällt. Doch nun gibt es Bewerber, die das Gebäude im Erbbaurecht von der Stadt übernehmen und sanieren wollen. Da ist einmal die Nippeser Bürgerwehr, Appelsinefunke ­genannt, deren ausschließlich männliche Mitglieder seit Jahrzehnten eng mit Politik und Stadtverwaltung vernetzt sind. Und da ist das »Kölner Initiativenhaus«, Vereine und NGOs, die sich mit Demokratie und Menschenrechten beschäftigen. Es sind mehrheitlich junge Leute, die selbst­verständlich gendern und die ein ­Gebäude für ihr »Haus der Demokratie« suchen.

Nun muss der Rat entscheiden, doch die Kriterien sind unklar. Die Ausschreibung verlangt neben denkmalverträglicher Nutzung ­lediglich, dass »das Fort der Öffentlichkeit zugänglich bleiben« soll. Und es heißt: »Wünschenswert sind öffentliche Veranstaltungen für ein breites Publikum.«

Der Satz lässt Anwohner und Naturschützer aufhorchen. Man wolle keine Vergnügungsstätte, sagt BUND-Sprecher Helmut Röscheisen. Das Fort liege im Landschaftsschutzgebiet und sei »ein Ort für stille Erholung.« ­Anwohner Lutz Gebhard fügt hinzu: »Die Bürger müssen an den Entscheidungen über die spätere Nutzung beteiligt werden.«

Die Sorgen erscheinen berechtigt. Während sich die Appelsinefunke im Obergeschoss einrichten, sollen andere Räume für Hochzeiten oder Firmenfeste vermietet werden und im Innenhof Konzerte stattfinden. Auch ein Café soll es geben. Ein von den Karnevalisten bestellter »Burgvogt« soll alles koordinieren. Das Initiativenhaus wiederum will dem Fort ein weiteres Geschoss aufsetzen, einige Büros nutzen und andere an gemeinnützige Vereine vermieten, man setzt auf »Sharing-Modelle und das Teilen von Ressourcen«. Es soll ein Café geben und frei zugängliche Toiletten. Weitere Ideen will man mit der Nachbarschaft entwickeln.

Laut Berechnung von 2018 kostet die Sanierung 4,4, Mio. Euro; doch seither sind weitere Schäden aufgetreten. Zwar wird es Fördermittel geben, doch ein Eigenanteil muss aufgebracht werden. Ein Traditionskorps kann diesen stemmen — aber gemeinnützige Vereine? Beim Initiativenhaus verweist man auf eine Zusage der Europäischen Demokratiestiftung für »einen siebenstelligen Betrag«. Zudem hat OB Henriette Reker die Schirmherrschaft für das Haus der Demokratie.

Die grün geführte Bezirksvertretung Innenstadt wiederum beschloss 2021, die Stadt solle das Fort selbst sanieren. So hatte es der Stadtrat bereits 2016 beschlossen. Es sei Aufgabe der Stadt, ihre Denkmäler instandzuhalten und Räume für kulturelle und soziale Nutzungen zur Verfügung zu stellen, so Bürgermeister Andreas Hupke damals. Doch der Liegenschaftsausschuss setzte sich darüber hinweg; auch mit Stimmen der Grünen.

»Das Fort X gibt uns die Möglichkeit, unserem Stadtteil einen Dienst zu leisten«, so die Nippeser Bürgerwehr. Das wird im gepflegten Altbauviertel niemanden ­milder stimmen: Unser Stadtteil? Das Fort liegt im Agnesviertel!