Forschen über Diskriminierung: die Stadtgeografinnen Hannah Brill (l.) und Mariam Manz. Foto: Petra Metzger

»Keine Türken, keine Araber«

Initiativen fordern mehr Engagement gegen rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt

Fast zwei Jahre — so lange dauerte Ahmed Hamads Suche nach einer Wohnung. 2015 war er als ­Geflüchteter nach Köln gekommen, zusammen mit der Familie seines Bruders. In einer dunklen, feuchten Kellerwohnung lebten sie anfangs zu fünft, für rund 1.000 Euro Miete. Doch irgendwann wurde es dort zu eng. ­Ahmed Hamad, der eigentlich anders heißt, aber seinen richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, wollte eine eigene, eine bessere Wohnung. Was er ­damals nicht ahnte: Mit einem arabisch klingenden Nachnamen ist es schwierig, in Deutschland ein Zuhause zu finden.

2020 veröffentlichte die Antidiskriminierungs­stelle des Bundes eine repräsentative Studie zur rassistischen Diskriminierung bei der Wohnungs­vergabe. Jede dritte befragte Person mit Migrationshintergrund berichtete demnach, bei der Wohnungssuche diskriminiert worden zu sein. Sie bekamen häufiger Absagen, die Vermieter*­innen äußerten sich am Telefon oder bei Besichtigungen rassistisch — oder schlossen schon in der Anzeige bestimmte Menschen als Mieter*innen aus. Auch Ahmed Hamad hat das bei seiner Wohnungssuche erlebt. Auf seine zahllosen Anfragen bei Vermieter*innen erhielt er während seiner zweijährigen Wohnungssuche nie Antworten: »Nicht von der GAG, nicht von Vonovia, und auch nicht bei privaten Angeboten«, ­erzählt er.

Auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt in Köln ist er damit nicht alleine. Das zeigt eine Bestandsaufnahme, die die beiden Stadtgeografinnen Hannah Brill und Mariam Manz Anfang März im Domforum vorgestellt haben. Repräsentativ ist die Studie nicht, die vom Verein Runder Tisch für Integration in Auftrag gegeben wurde. Aber sie soll ein Auftakt sein, um das Thema auf die politische Agenda zu bringen. »Chancengerechtigkeit auf dem Wohnungsmarkt« lautet der Titel, auch Betroffene kommen zu Wort und erzählen: über das Unbehagen der Vermieter*innen, wenn eine Frau mit Kopftuch zur Wohnungsbesichtigung kommt, über Paare, die während der Wohnungs­suche beschließen zu heiraten, um den ausländisch klingenden Nachnamen des Partners loszuwerden, und über klare Ansagen bei Wohnungsanfragen: »Keine Türken, keine Araber«.

»Das ist die Realität«, sagt auch Kornelia Meder vom Anti­dis­krimi­nierungs­büro der Caritas in Köln. Sie beobachtet, dass Menschen mit Migrationshintergrund auch häufiger von Ausbeutung auf dem Wohnungsmarkt betroffen sind. Sie bezahlen viel zu hohe Mieten für eine Wohnung, die in einem sehr schlechten Zustand ist, oder müssen sich sogar mit anderen Mieter*innen ein Zimmer teilen: »Ich hatte kürzlich einen Fall: ein Mann, der in seiner Verzweiflung lediglich ein Bett gemietet hatte — acht Stunden konnte er dort schlafen, dann kam der nächste rein.« Hans Jörg Depel vom Kölner ­Mieterverein machen solche Geschichten wütend. Er weiß aber auch: »In den seltensten Fällen wird von den Betroffenen Klage eingereicht. Denn rassistische Diskriminierung passiert selten offensichtlich, also indem beispielsweise schon in der Anzeige steht: ›Nur an Deutsche‹.«

Anruf bei Thomas Tewes, Hauptgeschäftsführer vom Kölner Haus- und Grundbesitzerverein. Fast drei Viertel der Wohneinheiten in der Stadt liegen in den Händen von Privatbesitzer*innen. Die Anzahl der geförderten Mietwohnungen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Was sagt er zu der Studie? »Das Liberale, mit dem sich Köln gerne schmückt, hört für viele an der eigenen Haustür auf«, erklärt Tewes. Mit dem Runden Tisch für Integration und anderen Vertreter*innen will sich der Verein Haus und Grund nun zusammensetzen, um gemeinsame Strategien zu entwickeln. »Die Menschen müssen sensibilisiert ­werden«, sagt auch Wolfgang ­Uellenberg-van Dawen, Sprecher des Rundes Tischs. »Auch die ­Politik ist gefordert, etwa mit Plakatkampagnen oder der Finanzierung von weiteren Beratungs­stellen, an die sich Betroffene ­wenden können.«

Ahmed Hamad hat mittlerweile eine Wohnung in Köln ­gefunden — über einen privaten Kontakt. Ein Kollege bei der Arbeit hatte ihm den Tipp gegeben. Um dort einziehen zu können, musste er viele Möbel der Vormieterin per Abschlagszahlung übernehmen. Viel zu teuer für Ahmed Hamad, eigentlich. Aber wie hätte er sonst an eine Wohnung kommen sollen?