Braucht weder rote noch blaue Pillen: Esther Silex

Dankbarkeit und Demut in der Matrix

Die Exil-Kölnerin Esther Silex ist auf dem Soundtrack »Matrix 4: Resurrections« vertreten

Esther, wie kam es dazu, dass dein Remix des Propellerhead-Klassikers »Spybreak« aus dem ersten Matrix-Film, sowie zwei weitere Tracks von dir auf dem Soundtrack zu »Matrix 4: Resurrections« zu hören sind?

Du stehst damit ja in bester Dance-Floor-Umgebung mit Produzent:innen wie Marcel Dettmann, Thomas Fehlmann, Gudrun Gut und Alessandro Adriani, die ebenfalls Musik zum Film beigesteuert haben. Tom Tykwer und Lana Wachowski haben angerufen und gefragt, ob ich Lust hätte, Musik für den neuen Matrix Film zu komponieren. Ich war völlig aus dem Häuschen und konnte kaum glauben, dass sie mich gefragt haben. Nachdem ich den beiden auf einer Tanzfläche in Berlin begegnet bin, sind wir in den letzten Jahren enge Freunde geworden. Ich war recht nah am Entstehungsprozess des Films dran. Trotzdem hätte ich die Anfrage niemals erwartet — es ist ein unglaublich schönes Gefühl, von seinen Freunden für die eigene Arbeit so wertgeschätzt zu werden.

Du hast den Mix nicht allein produziert, sondern gemeinsam mit Kotelett. Wie kam es zu der Konstellation?

Heiko Kotelett und ich sind Studiopartner am schönen Holzmarkt in Berlin. Als die Pandemie los ging, beschlossen wir, an einem gemeinsamen, neuen Band-Projekt zu arbeiten. Keine Gigs, dafür mehr Zeit im Studio — das bedeutete, dass wir uns musikalisch austoben und neue Genres ausprobieren konnten. Es verhält sich ungefähr so: Heiko ist das mathematische Musik-Genie und ich bin das Gefühl des Projekts. Das ergänzt sich sehr gut — und war ein stimmiger Ausgangspunkt, um die Matrix-Anfrage gemeinsam zu meistern!

Man kennt dich als DJ und Produzentin aus dem Clubkontext — was hat es für deine Arbeitsweise bedeutet, dass du für bewegte Bilder produzierst? Geht man da anders heran?

Auf jeden Fall! Die Musik wird haargenau für die jeweilige Szene produziert. In unserem Fall haben wir nach der Sichtung erstmal ewig Ideen gesammelt, um dann in Zusammenarbeit mit Tom und Lana jede Sekunde genau zu setzen. Darauf zu achten, wann jemand spricht und welche Frequenzen unbrauchbar sind, da sie mit den Sprecherstimmen kollidieren. Das war eine völlig neue und herausfordernde Arbeit.

Wie fühlt es sich an, wenn man seine Musik im Kinosaal hört?

Aufregend, natürlich! Der erste Matrix-Film hat mich damals maßgeblich berührt! Heute in einer Reihe neben all den inspirierenden Komponist:innen zu stehen, ehrt mich. Dankbarkeit und Demut — das drückt es am Besten aus.

Du hast an der Premiere von »Matrix 4: Resurrections« in San Francisco mit vielen Schauspieler:innen und weiteren Soundtrack-Musiker:innen teilgenommen. Wie hat man sich das unter Pandemiebedingungen vorzustellen?

Von diesen aufregenden Tagen ist mir das Gefühl von Familie am meisten im Herzen geblieben. Die Premiere stand immer noch unter dem Schatten von COVID und war daher weniger glamouröser und mehr familiärer, als man es sonst kennt. Eine Aftershow-Party, auf der Marcel Dettmann, Moderna und ich aufgelegt haben, gab es natürlich trotzdem! Lana ist großer Techno-Fan und würde sich den Tanz niemals nehmen lassen. Alle ihre Freund:innen waren da, vor allem eine große Gruppe aus Berlin, ihrer Wahl-Heimat. Es war ein Zusammenbringen ihrer Vergangenheit mit dem Jetzt — und eine Hommage an den Film.

Esther, du hast lange in Köln gelebt, bist dann nach Berlin gezogen. Denkst du, dass eine Anfrage wie für den »Matrix 4: Resurrections«-Soundtrack nur dort auf dich zukommen konnte?

Muss man in einer Metropole wie Berlin leben, um in den Wahrnehmungszirkel auf diesem Weltniveau zu gelangen? Berlin bietet definitiv, allein durch die Größe, mehr Nährboden für Begegnungen, aus denen solche Anfragen entstehen. In Köln hingegen fühle ich jedes Mal die Grenzen des Horizonts. Man muss wissen, welche Erde einen am schönsten und fruchtbarsten blühen lässt. Die Antwort bleibt sehr persönlich. Für mich ist Köln gemütlich, Berlin inspiriert. Trotzdem bleibe ich im Herzen für immer Kölnerin.

Tonträger: »The Matrix Resurrections« zusammengestellt von Johnny, Klimek, mit Tracks von Esther Silex,, Marcel Dettman, Gudrun Gut u.a. (Watertower Music)