Baumarkt-Träume

Wenn die Mäuse kommen, ist es mit der Laubenromantik schnell vorbei

Es gibt Dutzende Bildbände über das Glück des Schrebergartens. Gut aussehende Menschen werden darin mit alten ­Tomatensorten in der Hand abgebildet, während der Wind durch die meterhohe Ziergräser im Hintergrund fährt. Man ahnt, wie viel Arbeit darin steckt, alles hier nur ganz leicht verwildert aussehen zu lassen. Gekrönt aber werden diese Szenen mit Aufnahmen der Gartenhäuser. Sie sind der eigentliche Sehnsuchtsort, weil Großstädter hier ihre unerfüllten ­architektonischen Träume in Kleinform verwirklichen dürfen.  

Manchmal bauen sie Glaskuben, die einen Mies van der Rohe erblassen ließen, oder Holzhäuser in Schwedenrot. Oft erzählen die Hobbygärtner aber auch, dass sie das Haus übernommen und »nur das Holz abgeschliffen und neu lackiert« oder »mit viel Makramee eingerichtet« haben. Das sieht fraglos super aus, nur fragt man sich, wo die Leute eigentlich ihre erdverschmierten Schuhe und die Gartengeräte aufbewahren.

Auch wir haben das Gartenhaus übernommen. Von außen geht es noch, weil die Weinblätter den verwitterten Putz ver­decken und man sich einbilden kann, das hätte was Mediterranes. Aber von innen ist es schrecklich, denn dort haben die Mäuse das Sagen. Sie fressen das Saatgut auf und kacken anschließend auf alles, was nicht einlaminiert oder luftdicht in Plastikkisten verpackt ist. Das ist nicht schön und sogar gefährlich. Schon mal vom Hanta-Virus gehört? Es trifft oft die Kleingärtner, die kürzlich ihre Laube aufgeräumt haben.

Klar, so ein altes Haus hat auch seinen Reiz, weil da noch die »Eisenbahnkarte Deutschland 1983« vom Vorgänger an der Tür hängt oder man beim Ausmisten Kölschgläser mit »Oberbürgermeister Norbert Burger«-Aufdruck findet. Aber offen gesagt würde ich die olle Bruchbude am liebsten abreißen. Manchmal ertappe ich mich, wie ich von einem sauberen Fertighäuschen aus dem Baumarkt träume, mit dichtem Dach und ohne Mauselöcher.

Doch so etwas ist in unserem Kleingartenverein nicht ­erwünscht. Hier steht Nachhaltigkeit hoch im Kurs, da passt der Neubau von Häuschen »aus dem Katalog« nicht ins Konzept. »Die gewachsene und höchst individuelle Struktur der ­bestehenden (Bau-)elemente zu erhalten, ist ein besonderes ­Anliegen«, steht im Leitfaden für die Pächter. Nachhaltig ­leben heißt für uns, mit Mäusen leben zu lernen.