Kalt erwischt

Koffein im Kühlschrank

Uns alle dürstet nach Kaffee, in allen Varianten. Aber was trinken wir bei 30 Grad im Schatten?

Jetzt, da nicht nur der Sommer, sondern vermutlich auch der nächste »Hitzesommer« naht, ist die Wasserflasche als Accessoire zurück. Ausdruck eines healthy lifestyle, wird sie für alle sichtbar in der Hand getragen oder in Reichweite platziert, ­sobald man sich niederlässt. Wie ein Obelisk des Zeitgeists ragt sie neben Smartphones und Laptops empor. Es stimmt ja, man soll reichlich Wasser trinken. In welchen Mengen genau, ob kalt oder nicht, ob mit »Gas« oder aromatisiert gegen die Langeweile — darüber lässt sich erbittert fachsimpeln, zumal heute jeder als Experte bei diesen Fragen gelten mag.

Nun ist aber zugleich der Kaffeekonsum ungebrochen, es wird immer mehr getrunken. Ist es nicht erstaunlich, wie viele Röstereien und spezialisierte Cafés eröffnen? Deren Moden wechseln so rasant, dass man wieder am Anfang angelangt scheint: Filterkaffee ist wieder ­salonfähig, wenn auch um einige Sperenzchen verfeinert.

Aber Kaffee bei 30 Grad im Schatten? Puh. Also wird er kalt getrunken. Es ist müßig zu erörtern, ob Cold Brew unter Spezialisten noch als Trend gelten kann — jenseits solcher Zirkel jedenfalls ist die Variation neu.

Der Deutsche Kaffeeverband rief soeben Cold Brew als Trend für den Sommer aus — wohl auch gegen einen saisonal bedingten Umsatzrückgang. Grob gemahlene Bohnen werden mit der zehnfachen Menge kalten Wassers aufgegossen und ziehen über Nacht im Kühlschrank. Anderntags gießt man den Sud durch einen Filter. Manch einer nimmt dann trotz aromafeindlicher Temperatur neue, ungeahnte Nuancen wahr. Es ist zweifelsfrei besser als Energydrinks und Zuckerlimonaden — aber Kaffee muss man auch in den raffiniertesten Rezepturen immer noch als Funktionsgetränk begreifen. Uns dürstet nach Koffein, um wachzubleiben für all die Arbeit, all die Events, all die schnellen Reaktionen, die das Leben, das wir führen, erfordert. Das und nicht die neuesten Kaffee-Trends lassen den Konsum steigen.