Friedliche Koexistenz: Rad- und Fußverkehr auf der sommerlichen Ehrenstraße, Foto: Thomas Schäkel

Tagebuch eines Rad-Rambos

Die Ehrenstraße ist jetzt autofrei. Ein Erfahrungsbericht auf zwei Rädern

Die Ehrenstraße ist die erste Kölner Straße, die ich aus nächster Nähe kennengelernt habe. Vor ein paar Jahren war ich dort unterwegs — als rasender Reporter auf dem Fahrrad. Leider habe ich den rot-weißen Poller übersehen, der auf dem rot-weißen Stück Radweg in der Monaco-Kurve steht, wo am Wochenende die Bergheimer ihre Autos spazieren fahren.

Der rot-weiße Poller steht dort nicht mehr, die Monaco-Kurve ist jetzt autofrei — wie auch der Rest der Ehrenstraße. Von der Nord-­Süd-Fahrt bis zum Ring teilen sich nun Fußgänger*innen und Radfahrende den Stadtraum (ausgenommen der Lieferverkehr, dazu später mehr).

Aber ich bin da skeptisch. Autos sind schwer, bei Kollisionen gefährlich und sie stoßen exorbitant viel CO2 aus. Meistens fahren sie jedoch einfach nur geradeaus. ­Fuß­gänger*innen sind durchschnittlich schwer, bei Kollisionen gefährdet und stoßen wenig CO2 aus. Dafür bleiben sie oft unvermittelt stehen oder wechseln die Gehrichtung, wenn sie »was Hübsches« im Schaufenster sehen. Radfahren­de sind etwas schwerer und stoßen etwas mehr CO2 aus (höhere Atemfrequenz!). Dafür wollen wir aber auch meistens nur geradeaus fahren, sonst würden wir ja zu Fuß gehen. Sie sehen den Konflikt, oder?

Es ist also keine gute Idee, Rad- und Fußverkehr zu mischen. Egal, ob ich in einer Fußgänger­zone Rad fahre, die für Fahrräder freigegeben ist (Ehrenstraße und Breite Straße) oder in einer Fahrradstraße ohne Bürgersteig (Eigelstein) — immer wieder kommt es zu brenzligen Situationen, die ­vermeidbar wären, wenn ich auf einem markierten Radweg fahren könnte. Oder wenn Fußgänger*­innen wüssten, dass sie nach links, rechts oder über die Schulter schauen sollten, bevor sie Richtung Schaufenster flanieren. In Amsterdam klappt das ja schließlich auch.

In Köln dagegen wird selten etwas zu Ende gedacht. Als Autoverkehrsachse ist die Ehrenstraße unwichtig, aber für Radfahren­de ein beliebter Weg vom Westen in die Innenstadt. Eine gute Alternative gibt es nicht, ich hab’s versucht. An der Hahnenstraße verzweifele ich an Ampelschaltungen und Winz-Radwegen, zwischen Friesenplatz und Dom gibt es ­keinen durchgängigen Radweg. Also rein ins Getümmel der Ehren­straße, etwas schneller als Schritt ­fahren und sich dafür von der Bild ­ als »Rad-Rambo« beschimpfen lassen.

Zugegeben, all das ist vor ­allem zum Feierabend und zur Shopping-Zeit ab spätem Nachmittag ein Problem. Bei der morgendlichen Fahrt zur Redaktion stören vor allem die abgestellten Lieferfahrzeuge. Aber wenigstens ­stehen sie nur dort.

Alles in allem mag ich die neue Ehren- und Breite Straße dennoch lieber als die alte. Kurz nach der Sperrung für den Autoverkehr fuhr ein Porsche vor mir. Ich zog vorbei, setzte mich davor und fuhr extra langsam. Ein älterer Mitbürger knipste das Kennzeichen mit dem Smartphone, ich high-fivte ihm mental: Wir haben die gleichen Interessen. Aber wir sollten dennoch besser getrennte Wege nehmen.