»Isolation« von den Utopist*innen beim damals ersten Bohei Festival 2020, Foto: Ingo Solms

Remmidemmi im ganzen Haus

Das 3. Bohei Festival im Comedia Theater zeigt aktuelle Stücke von Kindern und Jugendlichen

Bis 2009 war die Comedia in einem ehemaligen Supermarkt in der Kölner Löwengasse untergebracht — auf den ersten Blick ein außergewöhnlicher, auch charmanter Ort für Kinder- und Jugend­theater. Doch mit dem Umzug in die frühere Feuerwache in der Vondelstraße hat sich vieles ge­ändert. Das Comedia Theater ist zu einem Kinderkulturhaus ­avanciert, mit dem ehemaligen Schlauchturm als Wahrzeichen und Signal nach außen: Hier liegt das »Zentrum der Kultur für Junges Publikum Köln und NRW«. Wobei »Publikum« in diesem Fall ein fast schon irreführender Begriff ist, denn Kinder und Jugendliche kommen in das Comedia Theater keineswegs nur als Zuschauer*innen.

Sechs Theatergruppen treffen sich hier regelmäßig, um eigene Stücke zu erarbeiten. »Seit wir 2020 eine deutliche Zuschusserhöhung bekommen haben, können wir die Teilnahme sogar ­kostenlos anbieten«, erzählt Astrid Hage, Pressesprecherin des ­Comedia Theaters. Damit hat das Haus die Möglichkeit auch Teilnehmer*­innen anzusprechen, die sich aufgrund ihrer finanziellen Lage nicht unbedingt einen Schauspielkurs leisten könnten. Und weil die Comedia schon vor einiger Zeit nur noch auf Online-Bewerbung über Social-Media-Kanäle ihrer Kurse und Spielpläne setzt, werden die jugendlichen Teilnehmer*­innen tatsächlich auch erreicht. Als »Kollektive« bezeichnet das Comedia Theater die Kursgruppen: Sich einbringen, ein Stück mitentwickeln — das ist hier ausdrücklich gewünscht. Und irgendwann wolle man ja dann mit der selbst erarbeiteten Produktion auch einmal auf der Bühne stehen, sagt Astrid Hage.


Das Bohei Festival bespielt das ganze Haus und macht ordentlich Remmidemmi.
Astrid Hage

So ist die Idee zum Bohei Festival entstanden, das im Juni zum dritten Mal stattfindet — und damit zum ersten Mal unter Bedingungen, die nicht vornehmlich von der pandemischen Lage geprägt sind. Den Auftakt zum Festival macht die Kinderrockband Pelemele (15.6., 18 Uhr), die mit einem Konzert im Foyer auf das einstimmt, was da noch kommen soll. Das Festivalprogramm bespielt alle Räume des Hauses und spricht mit seinen vielfältigen Programmpunkten auch Themen an, die für Kinder und Jugendliche zwar ziemlich aktuell sind, aber nicht unbedingt nur leise Töne anspielen. Denn um die Frage, was Sicherheit bedeutet, geht es in der diesjährigen Ausgabe des Festivals in vielen Stücken. Etwa bei »Safe?!« (16./17.6., 18 Uhr), einem Stück von neun jungen Performer*innen: Was heißt »geschützt, behütet, von keiner Gefahr bedroht«? Ist das überhaupt möglich? Auf der Bühne suchen die »Angstfresser*innen« nach Antworten, verwerfen sie, stellen Forderungen und befragen sich und ihren Alltag immer wieder neu. Oder das »Weltweite Kindertreffen zum Schutz für Tiere und Pflanzen« (19./20.6., 17 Uhr), eine collagenhafte Performance von Kindern zwischen sieben und zehn Jahren, die sich selbst und andere gefragt haben: »Was schützt du?«

Neben dem Programm für Kinder lädt das Bohei Festival auch ältere Jugendliche ein: Der Workshop »Magical Gender« mit Jespa Jacob Smith (18.6., 12-14 Uhr, ab 16 Jahren) ist ein Forschungsraum, um mehr darüber heraus­zufinden, wie wir zu unserer ­Geschlechtsidentität gekommen sind — und ob wir sie jemals zuvor schon bemerkt haben. Mit kreativen Methoden, unter anderem aus dem kreativen Schreiben und dem Theater der Unterdrückten, das Kunst und Selbsterfahrung mit politischem Handeln kombiniert, setzen sich die Teilnehmer*­innen mit Kategorien auseinander. Außerdem gibt es einen Workshop zum Voguing (18.6., 18 Uhr; 19.6., 16.30 Uhr), einem Tanzstil, der sich in den 1970er Jahren in der queeren Community in Harlem entwickelt hat, und die Pop-Up-Bibliothek »Queer Lesen«, die Literatur von marginalisierten Stimmen eine Plattform bietet.

»Ordentlich Remmidemmi machen«, kommentiert Astrid Hage das Festivalprogramm. Und das hat es jetzt wirklich nötig. Man darf auf eine kreative Explosion gespannt sein, die sich nach zwei Jahren Pandemie entladen wird, wenn die Kinder und Jugendlichen des Comedia Theaters endlich auf einer richtigen Bühne stehen können.

Comedia Theater, 15.-21.6.