Viel Platz, wo niemand ihn vermutet: Das »Südbrücke«-Areal

Die neue Outdoor-Location

Konzertfläche, Biergarten und Urban Gardening sind nur einige Facetten der neuen Outdoor-Location »Südbrücke« in Poll

Köln ist für vieles bekannt; für Open-Air-Locations aber ganz ­sicher nicht. Stets herrscht Mangel an jener Art von Konzert- und ­Veranstaltungsort, die vor allen Dingen in Städten wie Berlin nicht nur hochbeliebt, sondern eben auch Teil des Stadtmarketings sind. In Köln ändert sich das erst seit der Corona-Pandemie, in der  die Bedeutung von solcherlei Locations offensichtlich geworden ist. Nun gibt es immer mehr Bestrebungen, unter freiem Himmel zu ­feiern und zu schunkeln.

Nicht nur in Ehrenfeld ist mit dem Schrotty so ein neuer Ort ­entstanden, auch im sonst so ­dörflichen Poll. Rechts des Rheins, direkt neben der Südbrücke, wo sonst am Wochenende nur gerudert, Tennis und Fußball gespielt wird, profiliert sich langsam aber sicher eine besondere Location. Die Brücke, die den Ort begrenzt, wird zur Namensgeberin: Südbrücke. Die Ortswahl fiel keinesfalls beliebig: Südbrücke soll ein holistisches Vergnügen für die Poller*innen und alle anderen Kölner*innen werden. »Wir sind im Austausch mit unseren Nachbar*innen; wir setzen denen nicht einfach etwas vor die Nase«, so Boris Witschke, einer der Gesellschafter. Trotz imposanter Bühne und entsprechendem Zuschauerbereich, plant man mit geringen Lautstärke-Emissionen. Die angrenzende Brücke, Gewerbegebiet und natürliche Grenzen machen es möglich. Sieht man sich die Pläne an, klingt das alles sehr durchdacht und nachvollziehbar. Witschke kennt sich halt aus, war er doch in den letzten 30 Jahren an ­unzählbaren Kulturprojekten, ­­­in- und outdoor, maßgeblich beteiligt. Im Gespräch mit ihm, der ­Geschäftsführerin Linda Schulze und dem Booker Benjamin Schweitzer wird klar, dass die ­Location Südbrücke eine neue Qualitätstufe in der Clubszene der Stadt darstellen dürfte.

Die »Südbrücke« dürfte eine neue Qualitätsstufe in der Kölner Clubszene ­darstellen

Durch einen Holzzaun abgegrenzt von der Alfred-Schütte-­Allee, bleibt dem Blick erstmal ­verborgen, was sich dahinter für ein spektakuläres Gelände auftut: Platz ist zum Beispiel für ein ein Konzert­areal, das 1000 Leuten Platz bietet, dazwischen stehen Übersee-Container, die für Lärmschutz sorgen sollen und nach und nach grün-pflanzlich bewachsen werden. Der Industriecharme soll langsam einem zeitgemäßen Antlitz weichen. Dazu kommen ein Biergarten, der täglich öffnen soll; Flächen für Aktivitäten wie Beach-Volleyball, Yoga-Kurse unter freiem Himmel, Food-Trucks …Man habe sogar an den Lauf der Sonne und des Mondes gedacht, bei einigen Entscheidungen — zu viel soll dennoch nicht verraten werden. Besonders wichtig sei die Bepflanzung, die an allen Ecken bereits besteht oder über die nächsten Jahre wachsen soll.

Alle drei Gesellschafter betonen, dass Nachhaltigkeit das ganz große Thema sei: Upcycling, Mobilitätswende, aber auch gesellschaftlicher Begegnungsort für die Stadtgesellschaft, ab von schneller Verwertung — und urban gardening. Richtig gelesen: Auch an ­Gemeinschaftsgärten ist gedacht. Die ersten Parzellenbetreiber*innen sind schon kräftig am Werken: Man nennt sie scherzhaft und liebevoll die »Streber«.

Die wetterbedingten Gefahren einer Location ohne Dach kenne man indes nur zu gut, aber: »Die Leute haben in den letzten Jahren der Pandemie gelernt, dass es kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Klamotten gebe«, sagt Schweitzer. Auch Schulze hat einen Mentalitätswechsel ­bemerkt: Die Leute wollen raus, etwas erleben, nachholen.

Witschke gibt das Motto vor: Open-Air heißt immer — in den Grenzen des Machbaren und Vertretbaren — Augen-zu-und-durch-Mentalität zeigen.

Bis dahin werde man auch aufklären müssen: Südbrücke ­solle nicht eine Vollzeit-Party- und Rave-Location sein, sondern eben verschiedenste Facetten des kulturellen Zusammenlebens abbilden. Neben Food- und Weinfestival geht man auch musikalisch ohne Scheuklappen vor: Nach der Party mit der Giegling-Crew am 26. Juni kommt ein Comedy-Abend und dann auch schon das Met-Fest, eine Gitarren-Musik-Veranstaltung. Jeder sei willkommen, außer »Rechte und Nazis« selbstverständlich.