Will Köln besser auf Starkregen, Hitze und Trockenheit vorbereiten: Anne Roth vom Difu

»Klimafolgen betreffen alle«

Das Klimafolgen-Projekt »iResilience« in Deutz endet. Anne Roth vom Deutschen Institut für Urbanistik erklärt, wie sich Köln vor Hitze und Starkregen schützen kann

Frau Roth, Sie haben im Projekt »iResilience« für einen Teil von Deutz erforscht, wie sich Städte vor den Folgen des Klimawandels wappnen können. Ist Köln überhaupt noch zu retten?

Köln wird den Klimawandel ­spüren. Ob die Stadt lebenswert bleibt, hängt davon ab, wie wir uns jetzt vor­bereiten.

Vor welchen Herausforderungen stehen urbane Räume?

Vor den drei klassischen Klimafolgen. Hitze, die vor allem Städte trifft und das Wohlbefinden von Menschen und Tieren bedroht. Ländliche Regionen können das besser abfedern. Außerdem Trocken­­heit, die vor allem das Stadtgrün bedroht, und Starkregen, der zu Überflutungen führen kann.

Wie sieht eine klimarobuste Stadt aus?

Wichtig ist: Bei Klimaanpassung geht es nicht nur um Stadtentwicklung, sondern auch um Kooperation. Dass man fürein­ander da ist, sich kümmert. Dafür braucht die Gesellschaft ein Bewusstsein für Herausforderungen, Risiken und die Möglichkeiten des eigenen Handelns. Die Themen Trockenheit und Hitzestress sind vielen Menschen in Deutz schon präsent, das Thema Starkregen und Überflutungsschutz weniger.

Es geht gar nicht darum, Städte baulich zu verändern?

Doch, auch. Wir wissen etwa, welche Straßen und Häuser bei Starkregen be­­droht sind. Dort müssen wir uns von Asphalt verabschieden und Versickerungsräume schaffen. In Köln entstehen mittlerweile mehr Retentionsflächen, die Starkregen zurückzuhalten. Große Wassermassen dürfen nicht ungebremst in die Kanalisation rauschen. Entsiegeln ist auch eine Antwort auf Hitzestress, weil Asphalt Hitze speichert. Zur Abkühlung der Straßen und Plätze brauchen wir Gebäude­begrünung und Bäume, grüner Schatten ist effektiver als grauer Schatten.

Welche einfachen Maßnahmen helfen gegen Hitze?

Man muss vulnerable Gruppen unterstützen und schützen. Wir haben mit einem Seniorennetzwerk im Veedel zum Beispiel einen Hitze-Spickzettel entwickelt: Wo gibt es Schattenplätze oder kostenlos etwas zu trinken?

Wo hat Ihr Projekt Deutz konkret verändert?

Die Kasemattenstraße mit dem Von-Sandt-Platz ist ein Hotspot. Wir haben Anwohner und Ämter gefragt, wie der Platz gestaltet werden müsste, um seine Funktion zu erfüllen, und gleichzeitig Schutz vor Hitze und Niederschlag zu bieten. Das Konzept liegt bald dem Stadtrat zur Abstimmung vor. Wenn man Anwohner früh einbezieht, ist das Verständnis für Maßnahmen größer, als wenn man ihnen fertige Pläne vorsetzt. Unser Ziel war auch ein neues Miteinander von Verwaltung, Politik, Bürgern. Das ist uns gut gelungen.

Was ist weniger gut gelungen?

Die Begrünung von Fassaden und Dächern. Wir haben ein Gründach-Potenzial-Kataster für das Gebiet erstellt und konnten 120.000 Quadratmeter potenzielle  neue Grünfläche ausweisen. Wir haben die Menschen per Post  oder Klingel-Rundgängen informiert — das Ergebnis war ernüchternd. Nur wenigen Menschen gehören ihre Wohnungen und sie wissen oft nicht, wer die Besitzer sind. Obwohl Dachbegrünung das Megathema der Anwohnerinnen war, fluppte die Umsetzung nicht.

Ihr Projekt zielte auf das nahe Umfeld der Menschen. Ein Vorteil?

Mit Klimafolgen kann man sich am besten im Quartier auseinandersetzen. Es gibt zum Beispiel eine sehr grobe Hitzekarte für Köln. Wir haben für unser Gebiet auf jede Straße, jeden Hinterhof geschaut. Dann kann man mit Bürgern konkret über Orte vor ihrer Haustür sprechen: Sind die wichtig? Wie nutzt ihr die? Das Wissen liegt bei den Menschen vor Ort.

Kann es ein Veedel stärken, wenn Anwohner es resilienter machen?

Das Thema verbindet. Das geht durch jede politische Couleur. Als wir in Deutz vor Ort auf Hitze-Hotspots hingewiesen haben, sind wir mit Menschen ins Gespräch gekommen, die eher nicht an einer Fahrrad-Demo zum Klimaschutz teilnehmen. Trotzdem war ihnen das Thema wichtig, weil es ihren Alltag betrifft.

iresilience-klima.de