Einzelkämpfer: Yûyâ Endô

»Onoda — 10.000 Nächte im Dschungel«

Arthur Harari erzählt vom Guerillakampf eines japanischen Soldaten weit über den Zweiten Weltkrieg hinaus

Als Leutnant Onoda Hirō im Herbst des Jahres 1945 im Dschungel der philippinischen Insel Lubang ein Flugblatt findet, auf dem es heißt, der Krieg sei seit dem 15. August vorbei, hält er das für eine Finte des Feindes. Davon abgesehen sollte er sowieso bis zur offiziellen Entbindung von seinem Auftrag weiterkämpfen. Im Geheimen. Ohne das Recht, sich ehrenhaft das Leben zu nehmen. Gegen alle Regeln der Kriegsführung, im Bewusstsein, wie ein Krimineller zu wirken. Nur Onoda, seine Mitkämpfer und seine Vorgesetzten würden jemals wissen, dass er lauter gehandelt habe. Und so wartet Onoda mit zuerst drei Kameraden, am Ende allein, auf den Tag, da ein Offizier kommen und ihn in die Heimat holen würde. Er wartet — bis zum 9. März 1974.

Onoda Hirō war kein Einzelfall: Immer wieder tauchten in den 50er und 60er Jahren in Südostasien japanische Soldaten aus dem Unterholz auf, die das Kriegsende entweder ignoriert oder gar nicht mitbekommen hatten. Onoda war jedoch ein besonderer Fall: Er war der Vorletzte seine Art (eine eigene Geschichte ist, dass man dem Letzten, Attun Palalin, besser bekannt unter seinem japanischen Namen Nakamura Teruo, kaum Interesse schenkt(e), weil er bloß Mannschaftsrang hatte und zwangsrekrutierter Ureinwohner des japanisch besetzen Taiwans war).

Dass sich ausgerechnet ein französischer Filmemacher an diese Geschichte wagt, macht zunächst skeptisch. Aber, schöne Überraschung: Arthur Harari erzählt die Geschichte weitgehend ohne Exotismuspeinlichkeiten. Man kann kritisieren, dass sich der Film fast ausschließlich auf das innere Erleben Onodas und seiner Kameraden konzentriert und seine fortlaufenden mörderischen Guerilla-Aktionen kaum eine Rolle spielen (im Einklang mit dessen Autobiographie), aber selbst das braucht schon fast drei Stunden, die wie nichts vergehen. Am wichtigsten war Harari offenbar Onodas innere Integrität — was ist das für ein Alltag, in dem man sich diese erhält? Wie erzählt man so etwas in einem Stil, der nicht weihevoll ist, das Alltägliche im Außergewöhnlichen unterstreicht, dem Surrealen eine nachvollziehbare Normalität verleiht? Indem man inszenatorisch einfach und klar bleibt, auf der Höhe der Figur, sich niemals schlauer gibt als sie, gemeinsam mit ihr lernt — mit ihr wächst. Chapeau! 

(Onoda, 10 000 nuits dans la jungle) F/J/D u.a., R: Arthur Harari, D: Yûya Endô, Kanji Tsuda, Yûya Matsuur, 169 Min.