Nach Wiedereröffnung vorerst mit regionaler Ausrichtung: Sondermüllverbrennung im Chempark

Weiterhin Hochspannung

Ein Jahr nach der Explosion im Leverkusener Chempark, wird dort wieder Sondermüll verbrannt

Immer noch untersucht die Staatsanwaltschaft, wer die Explosion im Leverkusener Chempark zu verantworten hat. Am 27. Juli 2021 starben sieben Menschen, mehr als 30 wurden teils schwer verletzt. Stundenlang stand eine Rauchsäule über der Stadt. Ein Tanklager des Chempark-Betreibers Currenta war explodiert, anschließend hatte es Pannen in der Notfall-Kommunikation gegeben.

Nun ist ein Teil der Sonderabfallverbrennungsanlage wieder in Betrieb. Denn im Mai legte der von der Bezirksregierung beauftragte Störfall-Experte Christian Jochum sein Gutachten für eine »eingeschränkte erste Wiederinbetriebnahme« vor. Zur Entsorgung der Chemie-Abfälle wird

zunächst eine von vier »Ver­brennungslinien« in Betrieb genom­men. Die anderen sollen bald folgen, um auch Abwasser und Klärschlamm verbrennen zu können. Als Ursache der Explosion wird die »Lagerung des Abfalls oberhalb der Selbsterwärmungstemperatur« angenommen. Durch die vorläufige Begrenzung auf »thermisch stabile Abfälle« sei diese Gefahr nun »weitestmöglich ausgeschlossen«. Zudem habe Currenta »Maßnahmen zur Optimierung des Prozesses eingeleitet«. Anhand derer wird auch deutlich, wie lax bislang gearbeitet wurde.

Umweltinitiativen wie der BUND sowie die Klimaliste im ­Leverkusener Stadtrat warfen Currenta oft fehlende Transparenz vor. So sei die Liste der Giftstoffe, die beim Unglück austraten, erst verspätet vorgelegt worden. Zudem hatte Currenta die Einleitung von Löschwasser in den Rhein nach dem Störfall lange verschwiegen. Für neuen Unmut sorgt jetzt, dass Currenta die Anlage sofort wieder in Betrieb genommen hat, statt eine öffent­liche Info-Veranstaltung mit den Gutachtern abzuwarten.

Der Konzern hat es eilig. Ohne die Verbrennungsanlage musste der Sondermüll andernorts entsorgt werden. Jetzt können wieder die im Chempark anfallenden Abfälle sowie die der Standorte Dormagen und Krefeld verbrannt werden, zusätzlich wird Chemiemüll aus anderen NRW-Städten angeliefert. Vor dem Unglück wurde Abfall aus aller Welt hierhin transportiert.  

Durch den bisherigen Ausfall der Müllverbrennung steht Currenta wirtschaftlich unter Druck. Zudem sei die Zukunft »aufgrund der aktuellen Weltwirtschaftslage durch den Krieg in der Ukraine ­bekanntermaßen unsicher«, so Chempark-Leiter Lars Friedrich Mitte Juni. »Da tut es gut, dass wir trotz der weltweiten Corona-Pandemie auf ein wirtschaftlich gutes Jahr 2021 im Chempark zurückschauen können.« Es war das Jahr der Explosion mit sieben Toten.

Die Grünen im Leverkusener Stadtrat stellten Anfang Juni Bedingungen für die Wiederinbetriebnahme auf, darunter lückenlose Kontrollen und die Einbe­ziehung der Kommunalpolitik, außerdem die Beschränkung von Schadstoffen. Zudem soll das Tanklager, Ursprung des Unglücks, auf »ein absolutes Minimum« verkleinert werden. Vor ­allem aber müsse die Hochspannungsleitung verlegt werden. Durch sie verzögerten sich nach der Explosion die Rettungs- und Löscharbeiten erheblich.

Dass Currenta, aber auch eine Mehrheit im Leverkusener Stadtrat bereit ist, all diese Forderungen zu unterstützen, ist unwahrschein­­lich. Zu hoch ist der wirtschaftliche Druck des Chempark-­Betrei­bers und zu sehr identifiziert sich ein Großteil der Politik mit den ansässigen Chemie-Konzernen. Gutachter Jochum wird noch ein zweites Gutachten zu Sicherheitsmaßnahmen des Betriebs vorlegen. Es wird wie das erste Gutachten bezahlt von Currenta