Vom starken Geschlecht: Jesse Buckley

Men

Alex Garland gelingt die Verbindung von Horror und Humor

»Was dich sucht, wird dich finden« lautet der ziemlich sinnbefreite Titelzusatz, den der deutsche Verleih Alex Garlands neuem Horrorfilm hintangestellt hat. Passender wäre gewesen: »Das schwache Geschlecht«. Denn am Ende sind all die Männer, die dem Film seinen Titel geben ziemlich »pathetic« — das englische Wort passt hier besser als jeder deutsche Begriff, umfasst er doch das ganze Bedeutungsspektrum von erbärmlich bis mitleiderregend.

Was nicht heißt, dass Protagonistin Harper sie nicht zu fürchten bräuchte. Nach dem traumatischen Tod ihres Mannes hat sich die junge Frau ein Landhaus ir­gend­wo im Nirgendwo Englands gemietet, um auf andere Gedanken zu kommen. Der Besitzer des Hauses, der es ihr bei einem Rundgang zeigt, mag noch als schrulliger Landbewohner durchgehen, dessen verbale Grenzüberschreitungen seiner Unsicherheit im Umgang mit emanzipierten Stadtfrauen geschuldet ist. Doch bei ihrem ersten Waldspaziergang erlebt Harper gleich Beunruhigenderes: Ein nackter Mann folgt ihr, der wenig später auch am Haus auftaucht. Wie gut, dass die Polizei schnell vor Ort ist und den scheinbar geistig Verwirrten in Gewahrsam nimmt.

Doch die seltsamen bis bedrohlichen Männer-Begegnungen hören nicht auf: Auf dem örtlichen Friedhof muss sich Harper von einem kleinen Jungen beleidigen lassen, nur weil sie nicht mit ihm spielen will; und der örtliche Pastor entpuppt sich nach einigen zunächst einfühlsamen Worten schnell als übergriffiger Widerling. Doch das ist nur der Beginn von Harpers Martyrium. ­Parallel wird in Rückblenden erzählt, wie es zum Tod ihres ­Ehemanns kam. Gibt es einen ­Zusammenhang von Gegenwart und Vergangenheit?

Alex Garland (»Ex Machina«) gelingt etwas Seltenes: ein Horrorfilm, der zugleich verstörend unheimlich ist und überraschend ­komisch. So glaubhaft real die ­Bedrohung für Harper ist — und wir sind in jeder Sekunde auf ­ihrer Seite —, so lächerlich sind die Männer, denen sie begegnet. Denn ihre toxische Männlichkeit speist sich — und das wird spätestens mit dem fulminant ekligen und kathartischen Finale deutlich — aus einer tiefen Identitätskrise und Verunsicherung, deren Ursachen zwar nicht beleuchtet werden, aber deren Konsequenzen für Frauen umso zugespitzter deutlich werden.

GB 2022, R: Alex Garland, D: Jesse Buckley, Rory Kinnear, Paapa Essiedu, 100 Min.