Oper in Stereo: ein münzbetriebenes Theatrophon, Foto: Wikimedia Commons

»Pleasure Phone«

1881 präsentierte der Erfinder und Luftfahrtpionier ­Clèment Ader eine Weltsensation

»Es wird Millionen froh machen, die nie zuvor froh waren«, schrieb 1898 der britische Journalist Arthur Mee. Zum ersten Mal hatte er die Freuden des »Pleasure Phones« am eigenen Leib erfahren. Im Londoner The Strand Magazine folgte seine Lobrede auf diese neue tech­no­logische Verheißung: ein Telefon, das Opern, Konzerte und Theaterinszenierungen live von der Bühne ins heimische Wohnzimmer übertrug. Ein »privater Draht«, der die Kultur demokratisieren könnte, wie Arthur Mee schrieb, weil nun die Armen in ihren »bescheidensten Hütten« sich das Theater eben­so würden leisten können, wie ihre wohlhabenden Nachbarn.

Sieben Jahre zuvor, bei der Elektrizitätsausstellung 1881 im Pariser Palais de l’Industrie, hatte man die neue Technik zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert, zusammen mit der ersten patentierten Glühbirne, der ersten elektrischen Straßenbahn und übrigens auch dem ersten Elektroauto. Erfunden hatte das sogenannte Theatrophon der französische Luftfahrtpionier Clèment Ader: vierzig Kohlemikrofone hatte er am Bühnenrand der Pariser Oper installiert, allesamt in Blei gefasst und auf Gummibändern gelagert, um das Auftreten auf der Bühne abzufangen. Über zwei Hörmuscheln (auch Stereo war damals eine absolute Neuerung) konnte man das Bühnengeschehen verfolgen — sofern man damals überhaupt an die Reihe kam. Das Theatrophon war bei der Ausstellung ein Publikumsmagnet. Lange Schlangen bildeten sich zu den Vorführungszeiten vor den eigens dafür eingerichteten »Musikräumen«. Aufgrund des Ansturms durfte jeder Gast nur für wenige Minuten an den Hörer, dann war der nächste dran.

In den folgenden Jahren zeigte Ader, trotz der damit verbundenen immensen Kosten, noch einige Male seine Erfindung bei Elektrizitätsausstellungen. Schließlich wurde das Theatrophon kommerziell: 1890 entwickelte die »Compagnie du Théâtrophone« einen münzbetriebenen Apparat, der bald in vielen Hotels und Cafés installiert wurde, später auch in Privathaushalten der gehobenen Bürgerschicht. Erst mit dem Ausbau der staatlichen Telefonnetze wuchs die Zahl der Nutzer des Theatrophons europaweit, eine Glanzzeit des Gerätes, bis 1922 ein ernsthafter Gegner auf den Plan trat: die BBC. Der Hörfunk löste das Theatrophon nach und nach ab — und Arthur Mees Vision wurde zumindest im Ansatz doch noch Wirklichkeit.