Der Glanz halbierter Trompetenmundstücke: K.R.M. Mooney, ix-xii (partials), 2021 Foto: © die Künstler, Courtesy: Altman Siegel, San Francisco; Braunsfelder, Köln

Auf den zweiten Blick

Die verhaltene Poesie von Verdunkelungsrollos und Klimaanlagen

In der einzig durch Naturlicht erhellten, daher etwas schummrigen Halle der Braunsfelder muten die Kunstwerke von Patricia Boyd (*1980, UK), K.R.M. Mooney (*1990, USA) und Philipp Seibel (*1980, D) beinahe unscheinbar an. Zumindest auf den ersten Blick.

Der zurückhaltende Auftritt der Werke ist allerdings gewollt. Denn in der von Nele Kaczmarek umsichtig kuratierten Ausstellung nimmt das Licht, sein veränderlicher Einfall und die sich daraus ergebenden Effekte im Raum, einen vorrangigen Platz ein. So funkelt silbern und golden eine Reihe filigraner Metallskulpturen von K.R.M. Mooney, die sich bei näherer Betrachtung als halbierte Trompetenmundstücke herausstellen und wie eine plastische Tonfolge in graduell zunehmendem Abstand von der Wand angebracht sind. Vorübergehend abgelegt scheinen dagegen ein Paar Rollos, von K.R.M. Mooney jedoch mit Bedacht abgenommen und parallel zur Fensterfront auf dem Boden angeordnet.

Auch die »Radiatoren« von Phi­lipp Seibel fallen zunächst kaum auf. Denn ihre Form und Position nimmt direkt Bezug auf herkömm­liche Klimaanlagen. Zugleich sind die Skulpturen — und hier lohnt das genaue Hinsehen — aufwändig gestaltet mit farbig gefassten und glatt ­geschliffenen Holzoberflächen und Wachsreliefs, die alter­tüm­liche Vorlagen, etwa von Dürer, detailliert nachbilden.

Die leise Poesie der Werke enthüllt sich auf den zweiten Blick im sensiblen Zusammenspiel der Gegebenheiten des Ortes und den präzise platzierten, einem minimalistischen Ansatz folgenden Inter­ventionen. Das Licht als entscheidende Bedingung für Sichtbarkeit veranschaulichen die Fotogramme von Patricia Boyd. Schemenhaft tritt ein Bild in Erscheinung — beinahe buchstäblich. Denn die schwache Kontur eines Fensters samt Jalousiekette ist in einem diffusen Schwebezustand zwischen Schärfe und Unschärfe, Entstehen und Vergehen eingefangen. Es scheint, als ob das Bild im Prozess seiner Entwicklung als eine flüchtige Mo­ment­aufnahme im Raum-Zeit Kontinuum enthüllt wird.

Auch die lose Aneinanderreihung von Einträgen diverser To-Do-­Listen in ihrer Videoarbeit »Sweepings« erzeugt durch die schnelle Abfolge ein unausweichliches Empfinden von Vergänglichkeit. Im Lichte der steten ­Ablösung von existenziellen Zuständen umgibt die feinsinnig komponierte Ausstellung die Besucher mit einem zarten Hauch von Melancholie.

I heard myself close my eyes, then open them, Braunsfelder, Geisselstr. 84-86, Besuch nur nach Voranmeldung via braunsfelder.com, bis 13.8.