Die Stadt braucht Klubs

Wie gut oder wie schlecht ist die Kölner Klublandschaft durch die Corona-Pandemie gekommen? Auch dieser Frage gehen die Cologne Club Days nach.

Die Kölner Klubkomm lädt vom 19. bis 21. August zu einem drei­tägigen Austausch, den Cologne Club Days, ein — geplant sind Panels und Klubnächte. Stadtrevue hat im Vorfeld mit der Projektmanagerin des Schrotty, Hanna Hoss, und dem Betreiber des Club Bahnhof Ehrenfeld, Mankel Brinkmann, ­gesprochen.

Hanna, Mankel, welches (Zwischen-)Fazit könnt ihr als Klubkomm nach zweieinhalb Jahren Corona-Pandemie ziehen? Wie gut ist die Kölner Clubszene durch die Pandemie gekommen?

Hanna & Mankel: Clubs, Infrastrukturen, Interessenverbände und Vereine haben in der Pandemie über Wirtschaftshilfen, Neustart Kultur und Nothilfefonds auf kommunaler und Landesebene viel Unterstützung erfahren. So konnten bisher flächendeckende Schließungen vermieden werden. Ganz anders sieht es leider um das für die Organisation von Clubprogrammen nötige Netzwerk an freien Dienstleistern aus. Dieses hat sich merklich verkleinert, was aktuell zu massiven Personalmangel in fast allen produktionstechnischen Bereichen führt und in Verbindung mit nachgeholten Touren leider viele Veranstalter vor große Probleme stellt. Insbesondere ­Soloselbständige haben massiv und existentiell unter den Corona-Beschränkungen gelitten.

Ihr standet als Clubszene besonders im Fokus, da wahrscheinlich seit dem Superspreading-Event in der Berliner Trompete Anfang 2020 die Clubs und Bars, die ge­­sam­­te Night-Economy als (potenzieller) Pandemietreiber Nummer 1 ausgemacht war. Hängt Euch ­dieses Sündenbock-Dasein immer noch nach?

Hanna & Mankel: Wir denken schon. Clubs waren selbst bei dem Pandemietreiber schlechthin, dem Kölner Karneval, ausdrücklich ausgeschlossen, obwohl sie über die entsprechenden Hygiene­kon­zepte, Belüftungssysteme und Know-How verfügen. Bis heute hält sich der Glaube, dass tanzende Menschen mehr zur Pandemie beitragen als zum Beispiel Menschen, die sich in der Gastronomie treffen. Das ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar.

Die angesprochenen Fälle kennen wir, sehen sie aber keineswegs als repräsentativ für unsere Szene. Im Gegenteil: Die Clubs in Köln ­haben bereits zwei Tage vor Inkrafttreten des ersten Lockdowns gemeinschaftlich geschlossen. Dieses Verantwortungsbewusstsein hat sich durch die ganze Pandemie gezogen. Konzepte wie 2G-Plus, Teststrategien u.v.m. wurden von vielen Clubs auf Basis wissenschaftlicher Daten schon freiwillig angewendet, bevor sie Eingang in die CoronaSchV fanden. Umso mehr ärgern einen dann natürlich die Vorgänge an Karneval oder auch die kurzfristige Schließung der Clubs im Dezember, während Orte, die aus unserer Sicht mindestens genauso viel zum Infektionsgeschehen beitragen, nicht pauschal geschlossen wurden. Hier hätten wissenschaft­liche Daten besser in Entscheidun­gen einfließen müssen. Clubs ­dürfen jedenfalls nicht länger als Reflex und aus einer subjektiven Haltung heraus geschlossen werden, solange andere — nicht weniger kritische — Umgebungen erst mal weiterlaufen können.

Wie kam es zur Idee der Cologne Club Days? Was ist Euer Kern­anliegen?

Hanna & Mankel: Wir haben erst seit kurzer Zeit wieder die Möglichkeit, unsere Betriebe regulär zu öffnen. Gleichzeitig ist die Pandemie noch nicht vorbei und viele Betreiber und Kulturschaffende machen sich Sorgen um die weitere Entwicklung im Herbst. Wir leiden stark unter den Nachwirkungen der langen Schließzeit — sowohl ökonomisch, als auch durch Personalknappheit und schleppende ­Ticketverkäufe. Gleich­zeitig gab es auch schon vor der Pandemie Probleme, wie zum ­Beispiel die wachsende Verdrängung von Klubs. Wir möchten ­deshalb die Cologne Club Days nutzen, um nochmal die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der Kölner Clubkultur aufzuzeigen, und gleichzeitig die Probleme unserer Branche noch einmal weiter in den Fokus von Öffentlichkeit und Politik zu rücken.


Wir möchten die Club Days nutzen, um die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der Kölner Klubkultur zu zeigen
Hanna & Mankel

Es gab während der notgedrungen aufgezwungenen Pause etliche Forderungen an die hiesige Club-Kultur bezüglich größerer Diversität, Awareness-Teams, ökologischer Nachhaltigkeit — zum Beispiel durch mehr Locals statt sich am internationalen Jetset zu be­­tei­ligen. Seht ihr da Veränderungen? Werden diese »Zukunfts­themen« einen besonderen Platz bekommen und wenn ja, wie?

Hanna & Mankel: Das sind sehr wichtige und drängende Themen und ja, es gab und gibt etliche Forderungen an unsere Szene — und wir sind ehrlich gesagt sehr glücklich darüber, dass wir viele dieser gesellschaftlich sehr wichtigen Themen als Verband gemeinsam mit unseren Mitgliedern bereits schon seit längerer Zeit behandeln: Nachhaltigkeits- und Anti-Diskriminierungsprojekte spielen in der Kölner Clubszene bereits seit vielen Jahren eine wichtige Rolle — und die c/o pop hatte zum Beispiel in diesem Jahr das erste Mal ein nahezu ausgeglichenes Verhältnis von weiblichen und männlichen Acts. Gleichzeitig ist uns natürlich auch klar, dass bei vielen Themen noch Luft nach oben ist. Wir richten ­deshalb auch unseren verbandsinternen Fokus in der Zukunft noch mehr auf Themen wie Diversität und Nachhaltigkeit. Erste Projekte sind hierzu bereits in Planung.

Hanna, mit dem Club auf dem Schrotty-Gelände und einem weiteren nur unweit davon entstehen gerade neue Club-Projekte, andererseits hört man aus Reihen der Betreiber, dass das Geschäft noch nicht wieder angelaufen ist. Steht das in einem Widerspruch?

Hanna: Kurzfristig gesehen und unter den aktuellen skizzierten Problematiken lässt sich darüber bestimmt diskutieren. Langfristig betrachtet gewinnt die Kölner Clublandschaft aus unserer Sicht jedoch ungemein, wenn neue Krea­tivräume entstehen. Köln war bereits vor Corona massiv von Clubsterben betroffen. Mit neu entstehenden Räumen können wir Perspektiven für Kulturschaffende bieten und neues und bestehendes Publikum aktivieren und halten. So bleibt die Clubszene dynamisch, wächst und auch bestehende Institutionen profitieren am Ende mit.

Müssen wir uns gemeinsam fragen, wie viele Clubs eine Stadt braucht?

Hanna & Mankel:  Natürlich. Wir kämpfen in Köln seit Jahren gegen ein Clubsterben, das durch Gentrifizierung und fehlende Beachtung in der Städteplanung noch immer nicht beendet ist. Aktuell stehen mit dem Artheater und dem Bumann & Sohn zwei weitere Institutionen der Kölner Szene einem Bau-Investor gegenüber, der Mikro-Appartments bauen möchte. Hier braucht es neue Verfahren, um solche Konflikte zu vermeiden oder Konfliktlösungen klar auf Seite des Bau-Investors zu platzieren. Die Stadt braucht Clubs, und nie sollte das klarer geworden sein, als während der Pandemie.

Cologne Club Days: 19.–21.8., Offenbachplatz und weitere Orte, inkl. Club Night (10 Clubs, 1 Ticket)