Artischocken — warum eigentlich nicht?!

Bodenschätze

Die Artischocke ist der blinde Fleck kreativer ­Küche

Unsere Kollegin Anne Meyer, die jeden Monat in ihrer Kolumne »Kraut & Rüben« aus ihrem Schrebergarten berichtet, schrieb in der Juli-Ausgabe über einen Kriminalfall: In ihrer Kleingartenanlage wurde eingebrochen — um Gemüse zu stehlen! Kein Einzelfall. Neu allerdings war, dass es die Räuber ausgerechnet auf Artischocken abgesehen hatten. War dies womöglich der Beleg für einen Trend, für den die Kolumne schließlich auch plädierte: dass nämlich die Artischocke den Spargel als divenhaftes Saisongemüse ablösen möge? Nicht nur unter rechtschaffenen Foodies, sondern auch unter kulinarisch versierten Einbrechern?

Die Artischocke ist tatsächlich so außergewöhnlich und kapriziös wie der Spargel. Noch in den gastronomischen ­Benimmbüchern der 90er Jahre werden ihr eigene Kapitel ­gewidmet. Sie zu verspeisen, gilt dort als mindestens so ­tückisch, wie einen Hummer fachgerecht zu zerlegen. Heute aber finden Artischocken, wenn überhaupt, bloß noch püriert den Weg auf den Tisch.


Eine Artischocke zu verspeisen, galt als mindestens so tückisch, wie einen Hummer fachgerecht zu zerlegen

Anders in Italien, wo es so viele Arten geben soll wie nirgends sonst. Doch bei Catanese, Romanesco und Mesuda denken wir hierzulande eher an die Dreierkette eines italienischen Fußballklubs. In Ligurien aber sind Artischocken Zutaten typischer Gerichte. Dazu zählt auch ein Artischocken-Frikassee:

Das Gemüse wird mit Knoblauch angebraten und mit einer Masse aus Eiern und Grana in der ­Pfanne vermengt. In Rom füllt man Artischocken mit Minze, Knoblauch, Pfeffer und Semmelbröseln und setzt sie eine Stunde bei 250 Grad in den Backofen.  

Übrigens: Auch das Heu, das den leckeren Bodenschatz der Artischocke abdeckt, kann man verwenden. Man hackt es mit Majoran und Petersilie klein und gibt es in Öl. Klingt zumindest nachhaltig.

Aber gibt es denn nicht noch mehr pfiffige Ideen? Wo ist die Artischockensuppe? Taugt sie in einer Sauce? Gegen welche anderen Aromen kann sie sich behaupten? Und warum hat der Vegetarismus sie noch nicht entdeckt? In einem Veggie-Burger hinterlässt sie bestimmt einen besseren Eindruck als ein schnöder Portobello.