»Follow Me!«: Parcour-Duo versus Naturgesetze, ©Janne-Pekka Manninen

Wandel versuchen

Die Ruhrtriennale startet im August — mit mehr als 30 Produktionen und Projekten

Vor der urban-verwilderten Kulisse der ehemaligen Stahlindustrie und Kokerei wird getanzt, performt und musiziert. Seit 20 Jahren ist die Ruhrtriennale eine feste Instanz in der Metropole Ruhr. Das Festival der Künste verbindet internationale Positionen mit Ruhrpott-Romantik und verhandelt zeitgenössische Fragen mit Musiktheater, Schauspiel, Tanz, Performance, Konzert, Installation, Literatur — und im Dialog. Vom 11. August bis zum 18. September findet die Ruhrtriennale 2022 als zweite Ausgabe unter der Intendanz der Schweizer Theaterregisseurin Barbara Frey statt. ­Bespielt werden verschiedene (Off-)Locations in Bochum, Essen, Duisburg und Gladbeck, die Jahrhunderthalle Bochum bildet das Festivalzentrum.

Wandel versuchen, Entgrenzung erfahren, Endlichkeit in Transzendenz auflösen — darum drehen sich die 36 Produktionen und Projekte. In vielfältigen Formaten teilen über 500 Kunstschaffende aus über 30 Ländern ihre Blickwinkel und Entdeckungen. Zum Auftakt des Festivals ­ertönen Heinrich Ignaz Franz Bibers »Mysteriensonate« in drei Städten zugleich und verbinden so Duisburg, Bochum und Essen zu einem überbordenden Klangraum. Die Grenzen verschwimmen auch bei »Respublika« des Lithuanian National Drama Theatre. Hier werden die Besucher*­innen sechs Stunden lang Teil ­einer alternativen Gemeinschaft mit 14 mehrsprachigen Performer*innen, die sich angestiftet von dem polnischen Regisseur, Video-Künstler und Raver Łukasz Twarkowski wochenlang in die Litauischen Wälder begeben haben, um dort neue Formen des Zusammenlebens zu erproben. Heraus gekommen ist ein kraftvolles Bild der Gegenwart, das seine Gäste einlädt, sich als Teil der Bewegung frei zu erleben. Sei es beim saunieren, an der Bar oder beim anschließenden Rave. Mitmachen und eigene Wege gehen kann das Publikum auch bei der deutschen Erstaufführung von »Follow Me«. Groß und Klein sind dazu eingeladen, den Weg des Parcour-Duos Be Flat rund um die Salzlake des Essener Zollvereins zu verfolgen. Die Akrobaten stellen spielerisch Naturgesetze auf den Kopf und wagen allerlei abenteuerliche Absurditäten. Deutlich intimer geht es da bei »Intime Revolution« zu. In der Weinbar des Bochumer STÜH33 kann sich jeder ein auditives Vier-Gänge-Menü zusammenstellen und persönlichen Geschichten über die Suche nach bewusstem Sex lauschen. Es gibt also einiges zu entdecken bei der Ruhrtriennale 2022.