Die Pferde im Zaum halten: Bradley Davies Installation in der Temporary Gallery Courtesy: Der Künstler

Gezügelt, nicht gebremst

Dem Eigentlichen und Ähnlichen in der Kunst auf der Spur: »Hold Your Horses« in der Temporary Gallery

»Das Pauschenpferd«, heißt es bei Wikipedia, »ist ein Turngerät mit einer dem Pferd ähnlichen Form.« Die Frage nach der »ähnlichen Form« in der Kunst ist das, was die Ausstellung von Bradley Davies antreibt. So verwandelt er ­einen Ausstellungsraum der Temporary Gallery in etwas, das an ­einen Pferdestall erinnert: Turngeräte vom Typ »Pferd« ruhen auf dem Boden, in die Wände sind Trensen eingefügt, die sonst dazu dienen, Pferde zu zügeln. Aus Lautsprechern klingen Geräusche, die Pferdegeräusche imitieren, aber hörbar menschengemacht sind — eine Hommage an die Kunst der Geräuschimitation, die bei der Nachvertonung von Filmen zum Einsatz kommt.

Was auf den ersten Blick einem ortsspezifischen Joke ähnelt, — während der Napoleonischen ­Besatzung soll der Kölner Dom als Pferdestall gedient haben —, ist tatsächlich eine kunstphilosophische Untersuchung. Imitation und Mimesis sind nicht nur im Karneval geeignet, um Grenzen zu verschieben. Sie gehören immer schon zum Werkzeugkasten der Künste. In einem Raum, der üblicherweise abgedunkelt ist und für Projektionen genutzt wird, stellt Davies das Publikum auf die Probe: Was ist hier Kunst, was ist Gerümpel, das man hinter einem Vorhang verschwinden lässt, wenn Gäste kommen? Die bewusst verwirrende Situation führt vor, dass Kunst auch eine Frage der Geltung ist und sich allein mit dem Auge nicht erkennen lässt. Das Prinzip der Ähnlichkeit und der Verweise greift allerdings auch hier: Bügelbretter und andere — reale, verbesserte und nachgeahmte — Alltagsgegenstände gehören seit Marcel Duchamp zum Kanon der Kunst.

Gleich zu Beginn der Ausstellung geht es um reales und künstliches Licht: Großformatige Malerei imitiert Fresnel-Linsen, die in Leuchttürmen eingesetzt werden und mit dem Licht spielen. Auf dem Boden stehen Gruppen von Sonnenblumen und nutzen das Licht, das wie in einem Gewächshaus durch das Glasdach des ­Ausstellungsraums fällt. Sind es natür­liche Blumen, die künstliche imitieren? Sie ähneln den Sonnenblumen van Goghs, und sie ähneln den Sonnenblumen, die derzeit nicht gesät und geerntet werden können. Nachahmung ist auch eine Lernstrategie: Indem Davies’ Kunstwerke ihr Material aus der Wirklichkeit beziehen und auf andere Weise zusammenfügen, haben sie auch das Potenzial, diese Wirklichkeit anders auszuleuchten. 

Bradley Davies — Hold Your Horses, Temporary Gallery, Zentrum für zeitgenössische Kunst, Mauritiuswall 35, Do–So 12–19 Uhr, bis 4.9.