Garten im Glas

Die neue Bar Botanik im Wasserturm Hotel setzt auf Drinks mit Kräutern, Früchten und Gemüse

Im ehemaligen Arbeiterviertel am Griechenmarkt ragt ein runder, 35 Meter hoher Koloss empor: Kölns ­alter Wasserturm aus dem 19. Jahrhundert. Heute dient er als Hotel, in dem auf der obersten Etage bis 2018 sogar das Sterne-Restaurant »Himmel und Äd« ­Gäste empfing.

Mit dem Aufzug geht es in den elften Stock zur »Bar Botanik«, samt durchgehender Fensterfront und umlaufender Terrasse mit Pano­ramablick über die Stadt. ­Verschwunden ist hingegen der beigefarbene Teppich des Vor­gängers, ebenso wie die gestärkten, weißen Tischdecken. Nun sieht man Parkettboden, senf­gelbe Sofas und viele Pflanzen. Der Name der neuen Gastronomie ist aber nicht nur eine Anspielung auf die vielen Ziergewächse, sondern auch auf die kulinarische Ausrichtung.

An der Bar — eine dunkle Marmorplatte auf türkisfarbenen Back­steinen — sitzen Küchenchef Micha­el Szofer und Barchef Ehsan Kasem. Szofer arbeitet seit mehr als 20 Jahren in der gehobenen Gastronomie als Koch, Kasem hat von 2014 bis 2018 im Erdgeschoss des Wasserturms im Serviceteam gearbeitet. Nun übernahm Kasem nach einem beruflichen Ausflug in die »Harry’s New York Bar« in der neuen Bar Botanik die Leitung hinter der Theke. Seit Mitte Juni hat sie mit einem neuen Konzept eröffnet: Cocktails in Verbindung mit Essen.


Ich habe mir einfach die Frage gestellt: Was ist Botanical?
Michael Szofer

»Hier ist es uns wichtig, dass wir Getränke mit Kräutern, sogenannten Botanicals, zubereiten«, erzählt Kasem. Kleine Glasgefäße mit ebensolchen Botanicals stehen an der Bar. Einerseits Kräuter wie Lavendel, Lorbeer, Rosmarin, Peter­silie und Salbei, andererseits getrocknete Früchte wie Physalis, Himbeere, Limette, ja sogar Chili und Tomate. Cocktailliebhaber*­innen würden den Einsatz von Botanicals vor allem vom Gin kennen, so Kasem, »aber auch beim Aquavit oder beim Wodka gibt es mittlerweile Varianten.« Die Botanicals stammen vom eigenen Garten der Bar, draußen auf der Terras­se. Für den Winter ist ein Gewächs­haus in Planung, um sich selbst weiter mit frischen Zutaten versorgen zu können.

Die Softgetränke, die Filler, kommen von einem Produzenten aus der Schweiz. Ein Barkeeper hat sie eigens für Mixgetränke konzipiert, erzählt Kasem. Das Sortiment umfasst etwa Tonic ­Water mit Rosmarin sowie Ginger Ale mit Tonkabohne oder Blutorange. »Wir arbeiten aber auch mit speziellen Limonaden mit Basi­likum oder Holunder«, so ­Kasem, »sehr botanic.« Dieser bota­nische Grundgedanke bezieht sich hier oben aber nicht nur auf die Drinks, sondern auch aufs Essen. »Ich habe mir einfach die Frage gestellt: Was ist Botanical?«, erinnert sich Küchenchef Michael Szofer. »Klar, Wacholder beim Gin, Lorbeer, und von mir aus auch mal Senfsaat, also Zutaten, die man ­einem Drink beigibt, um die ätherischen Öle wirken zu lassen.« Für ihn würde Botanical alles bedeuten, was aus dem Garten kommt, so Szofer. Ein Fokus liege auf der Aromenwelt der Gemüse und Kräuter. Die Gerichte seien keine Tapas oder Amuse-gueules, so Szofer, »sondern in sich geschlossene Gerichte — Vor- und Hauptspeisen.« Diese gingen eine Symbiose mit den Cocktails ein, die aufs Essen abge­stimmt sind.

Ein Beispiel ist die Büffel­burratina mit 24 Stunden gegarter Kirsch­tomate und einem Ruccola-Pesto obenauf, diese Caprese-Kom­position komplettiert ein knallgrüner »Gin Basil Smash«. ­Erweitert wird das Aromenspektrum mit ­einer getrockneten Scheibe Tomate und Petersilie im Glas. Auch interessant ist die Kombination »Kalbsbäckchen mit Pfifferlingen« und »Thommy Tangerine«, ein Cocktail auf Mandarinen-Mezcalbasis, Portweinsalz und Agaven­dicksaft, oben­auf liegen Chili und Salbei. Durch das Portweinsalz ist der Drink rot und hat eine Tiefe, die hervorragend zu deftigem Fleisch passt. »Was ein guter Sommelier mit Wein macht, macht Ehsan mit Cocktails«, fasst Küchenchef Szofer das Konzept zusammen, »und den Rest macht der Ausblick.«

Neben dem Barbetrieb stehen Projekte an, so Michael Szofer und ­Ehsan Kasem. Etwa Events für die Barkeeper-Szene oder eine Silvesterparty. »Die Food-Auswahl habe ich schon fertig«, sagt Szofer. Fehlen nur noch die Drinks. Dann kann man mit Cocktails, Essen sowie 360-Grad-Blick über die Stadt ins neue Jahr starten, bis der Fahrstuhl einen wieder zurück ins Leben zwischen Beton und Asphalt schickt. 

Bar Botanik, Wasserturm Hotel, Griechen­marktviertel, Kaygasse 2, ­wasserturm-hotel-cologne.com, Tel. 200 80; Ö: 17-1, R: So/Mo