»Garten des Grauens«: Zwei Pflanzkübel reichen für den Gesetzgeber, aber nicht für den Umweltschutz, Foto: D. Korsawe

Groll dem Geröll

Die Landesregierung möchte das Verbot von Schottergärten verschärfen. Umweltverbänden reicht das nicht aus

Schottergärten haben traurige Berühmtheit erlangt. Wie SUVs oder Inlandsflüge gelten die »Gärten des Grauens« als Symbol für mangelnden Klimaschutz. Sie schaden der Artenvielfalt, versiegeln Böden, speichern Hitze. Auch die neue NRW-Landesregierung hat es auf die naturfernen Gärten abgesehen. Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) kündigte jüngst an, das bereits bestehende Verbot von Schottergärten »nachzuschärfen«. Zwar schreibt die Landesbauordnung bereits seit 2018 vor, nicht überbaute Flächen müssten wasseraufnahmefähig und begrünt oder bepflanzt sein. Doch für weniger Beton und Geröll hat das nicht gesorgt. Nun will Schwarz-Grün Schlupflöcher im Gesetz schließen. Im Koalitionsvertrag hatte man »eine Renaissance der (Vor-)Gärten« versprochen: »Wir werden die Kommunen bei der Durchsetzung der Rechtsvorschriften stärker unterstützen und die bestehenden Regelungen in der Landesbauordnung konkretisieren.«

Nicht nur der NRW-Städtetag sprang Scharrenbach zur Seite. Auch Jana Romero vom Nabu Köln sieht die Ankündigung im Grundsatz positiv. »Ein Problem der jetzigen Gesetzgebung ist, dass sie keine eindeutige Definition liefert. Wenn sich jemand auf einen Schottergarten einen Pflanzkübel stellt, erfüllt er die Anforderungen womöglich trotzdem.« Aus der Bauordnung könne »keine bestimmte Qualität der Begrünung oder Bepflanzung verlangt werden«, teilt die Kölner Stadtverwaltung auf Anfrage mit. Außerdem stehe man vor der Schwierigkeit, dass Grundstücke zunächst ermittelt und dann detailliert festgestellt werden müsse, wo die Bauordnung nicht eingehalten werde. »Angesichts des nicht kalkulierbaren Verwaltungsaufwands hat das Bauaufsichtsamt bisher weder bauordnungsbehördliche Gartenkontrollen durchgeführt noch Ordnungsverfügungen auf Umgestaltung erlassen.« Man schließe sich der Forderung nach klaren Rechtsgrundlagen an. Die Stadtverwaltung beurteile »die zunehmende Gestaltung der privaten Vorgärten durch sogenannte steinerne Vorgärten als sehr kritisch«.


Die Menschen müssen verstehen, was ein Schottergarten für das Mikroklima und das Risiko bei ­Starkregen bedeutet
Christian Chwallek, NABU NRW

Christian Chwallek glaubt nicht, dass eine präzisere Bauordnung die Gärten grüner mache. »Dass die Bauordnung nachgeschärft werden soll, ist lobenswert. Aber ein Verbot ist nur nachhaltig, wenn es von umweltpädagogischen Maßnahmen begleitet wird«, sagt der stellvertretende Nabu-Landesvorsitzende. »Unser Ziel ist eine naturnahe Gestaltung von Gärten. Aber einen solchen Mehrwert für Artenvielfalt und Ökologie kann man nicht per Gesetz oder Verordnung beschließen.« Chwallek fordert mehr Aufklärungsarbeit von den Behörden. Zum einen gelte es, Menschen vom Irrglauben abzubringen, Schottergärten seien pflegeleicht und billig. Zum anderen wünscht sich Chwallek einen stärkeren Fokus auf die Klimaanpassung. »Die Menschen müssen verstehen, was ein Schottergarten für das Mikroklima auf dem eigenen Grundstück und das Risiko bei Starkregenereignissen bedeutet.« Zudem weist Chwallek auf den Bestandsschutz angelegter Schottergärten hin: »An bestehende Gärten kommt man sowieso nur über Anreize ran.«

Die Stadt Köln hat in den vergangenen Jahren mit mehreren Projekten versucht, Menschen zu motivieren, privates Grün naturnah zu gestalten: etwa mit dem Projekt »Bunte Gärten und Balkone«, der Kampagne »Grün statt Grau«, vor allem aber mit dem Programm »Grün hoch 3«. Die Stadt stellt zunächst bis 2023 drei Millionen Euro bereit, um Kölnerinnen und Kölnern Dach- und Fassadenbegrünungen, Entsiegelungen von Vorgärten und Höfen oder Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität zu bezuschussen. Umweltverbände begrüßen solche Förderungen. »Ich würde mir aber wünschen, dass das Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz seine Ausgleichsprogramme noch stärker bewirbt«, sagt Jana Romero vom Kölner Nabu. Sie berichtet, dass in der Nabu-Geschäftsstelle an der Luxemburger Straße dieser Tage viele Anfragen zur Umgestaltung von Gärten eingingen. »Es wollen mehr Menschen wissen, was sie fürs Klima auf ihrem Grundstück tun können oder wie sie ihr Haus im Sommer um ein paar Grad kühlen können.« Was eine neue Landesbauordnung nicht schafft, könnte der Klimawandel am Ende von alleine besorgen.