Zumindest am Altar läuft alles nach Vorschrift: Erzbischof Woelki, Foto: © Raimond Spekking, CC BY SA 4 0

Woelkis goldene Badewanne

Wird dem Kölner Erzbischof eine kirchliche Hochschule zum Verhängnis?

Versagen bei der Aufarbeitung ­sexueller Gewalt, abenteuerliche Finanzgeschäfte, Manipulation von Betroffenen: Es ist kaum noch möglich, bei den Pannen und Skan­dalen des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki auf Stand zu bleiben. Zuletzt erregte ein möglicher Meineid des Kardinals im Fall Pilz Aufsehen. Im Sommer war bekannt geworden, dass der prominente Geistliche und frühere Präsident der Sternsinger, Winfried Pilz, junge Männer sexuell missbraucht haben soll. Der 2019 verstorbene Pilz wurde als Dichter des Kirchen-Gassenhauers »Laudato Si« bekannt, er gilt als schillernde Priesterfigur. Seine progressive Jugendarbeit im Haus ­Altenberg in den 70er und 80er Jahren galt lange als Prestigeprojekt des Erzbistums. »Winfried Pilz hat deutschlandweit Maßstäbe in der Jugendarbeit gesetzt. Er war für viele eine Ikone, auch für mich«, sagt der Kölner Pfarrer und Schulseelsorger Dirk Peters. Umso größer sei nun das Entsetzen.

Woelkis Vorgänger Joachim Meisner hatte Pilz bereits 2014 einen Verweis erteilt und den Kontakt zu Minderjährigen verboten. Doch Woelki will bis vor kurzem nichts davon gewusst haben. Er erklärte Anfang August per eidesstattlicher Versicherung, erst in der vierten Juni-Woche vom Fall Pilz erfahren zu haben. Doch Recherchen von Deutschlandfunk und Christ und Welt  zeigen, dass Woelkis Büroleiterin bereits Anfang Mai einen mutmaßlichen Betroffenen im Namen des Kardinals zum Gespräch einlud. Drei Priester zeigten daraufhin Woelki wegen Meineids an. Nur wenige im Erzbistum dürften Woelkis Beteuerung glauben, sein Büro habe den Brief verschickt, ohne dass er damit persönlich »befasst« worden sei. »Wenn ein derart prominenter Name wie der von Pilz auftaucht, ist schwer vorstellbar, dass der Kardinal das nicht mitbekommen hat«, so Dirk Peters. Ihm dies nachzuweisen, dürfte aber schwierig werden.

Eindeutiger wird es bei den ­Finanzen. 2,8 Millionen Euro gab Woelki für PR und Gutachter rund um die Erstellung eines zweiten Missbrauchsgutachtens aus; auch beglich er in die Million gehende Spielschulden eines Priesters aus einem bischöflichem Sondervermögen. Ebenso die Kosten für die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) in Lindenthal.


Es ist kaum noch möglich, bei den Pannen und Skan­dalen von Kardinal Woelki auf Stand zu bleiben

Die Hochschule ging aus der Ordenshochschule der Steyler Missionare in St. Augustin hervor. Seit der Übernahme durch das Erzbistum im Jahr 2020 und dem Umzug nach Köln änderte sich das Profil der Hochschule: »Der interreligiöse Fokus wurde durch einen wertekonservativen abgelöst«, sagt Pfarrer Dirk Peters, der bei den Steyler Missionaren in St. Augustin studiert hat. Zudem sei die Zahl der Priesteranwärter und künftigen Religionslehrer rückläufig und die Gründung der KHKT allein deshalb fragwürdig.

Nach Protesten der Universität Bonn und der Landesrektorenkonferenz hat nun auch die Landespolitik reagiert: In einem von der SPD angeforderten Bericht schreibt Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU), die KHKT dürfe keine Priesteranwärter mehr ausbilden. Im sogenannten Preußenkonkordat sei die Bonner Katholisch-Theologische Fakultät als alleiniger Standort für die Kölner Priesterausbildung festgeschrieben. Sollten an der KHKT weiterhin Priesteramtskandidaten studieren, werde »die Einleitung einesVertragsverletzungsverfah­rens beim Heiligen Stuhl in Aussicht gestellt«.

Auch mit der Finanzierung der Hochschule hat Woelki Ärger. Laut einer FAZ-Recherche hat der Rektor einer kirchlichen Akkreditierungsagentur gegenüber behauptet, die Finanzierung der Hochschule sei gesichert, ohne die zuständigen Gremien des Erzbistums ein­zu­bin­den. Rektor sowie Woelki als »Großkanzler« der KHKT hätten damit gegen Kirchen­recht verstoßen. Geld auszugeben, über das man nicht verfügen darf – darüber war einst auch der Limburger Bischof Tebartz-van Elst gestolpert, als er sich ein ­Bischofshaus samt goldener Ba­dewanne bauen ließ.

Nun, da das Geld für die Hochschule knapp wird und die erhofften Großspenden ausbleiben, schließt Woelki auch eine Finanzierung aus Kirchensteuermitteln nicht mehr aus. Im Diözesanrat, Vertretung der Laien im Bistum, sieht man alle Befürchtungen bestätigt. »Angesichts der Tatsache, dass Gemeindereferenten eingespart werden, über den Einsatz von Jugendreferenten in den Gemeinden gefeilscht wird, ist eine Finanzierung der KHKT aus Kirchensteuern absolut nicht nachvollziehbar«, so die Vize-Vorsitzende Bettina Heinrichs-Müller. »Die Gelder werden in den Gemeinden und in der Seelsorge gebraucht.«