Geheimnisvoll und wortkarg

Mona Lisa and the Blood Moon

Ana Lily Amirpour fügt dem Superheld*innen-Gerne eine neue Perspektive hinzu

 

»Warum glaubst du, du hättest hier das Sagen?« Wer Mona Lisa Lee (Jeon Jong-seo) in die Augen schaut, wird von ihrem Willen kontrolliert. Die junge Koreanerin ist dank ihrer übersinnlichen Fähigkeiten aus einer psychiatrischen Anstalt bei New Orleans geflohen und streift nun durch die nächtliche Stadt. Sie begegnet dem halbseidenen Fuzz (Ed Skrein), dem erschöpften Officer Harold (Craig Robinson) und schließlich der zähen Stripperin Bonnie (Kate Hudson), die sie bei sich aufnimmt. Doch was wie Freundlichkeit aussieht, stellt sich bald als Eigennutz heraus, und Mona Lisa muss sich entscheiden, wohin ihre Freiheit sie führen soll.

Der unergründliche Blick von Da Vincis Mona Lisa fasziniert bis heute die Betrachter*innen. Ana Lily Amirpour, die das Drehbuch zu »Mona Lisa and the Blood Moon« schrieb und auch Regie führte, reproduziert das Mysterium, das das Gemälde umgibt: Sie erzählt weder die Vorgeschichte ihrer Protagonistin, noch erklärt sie deren hypnotischen Blick. Ihre Mona Lisa ist so geheimnisvoll und wortkarg, wie es sonst eher männlichen Revolverhelden vorbehalten ist; so spielt die Erzählung elegant mit Stereotypen. Nicht zufällig ist Jeon Jong-seo, eine zierliche Asiatin, als Heldin besetzt, die sich jedoch weder gefügig noch zerbrechlich zeigt, stattdessen eine Spur blutender Wunden und gebrochener Knochen hinterlässt. Ihre tatsächliche Verletzlichkeit hingegen ist die Unbedarftheit, mit der sie der Welt begegnet, und so konkret sie den Willen ihrer Gegenüber beherrschen kann, so ungeschützt ist sie der Beeinflussung durch Worte ausgesetzt. Dass Amirpour auch das Publikum über die eigene Erwartung fehlleitet, wem zu trauen ist und wem nicht, trägt erheblich zur Spannung bei.

Ihr Film ist eine philosophische Abhandlung über Manipulation und Macht, vor allem aber ein ausgesprochen stylischer, lakonischer Beitrag zum Superhelden-Genre, unleugbar vom weiblichen Blick geprägt. Amirpour lässt die Zuschauer*innen so nah an die Figuren heran, dass die klebrige Hitze des nächtlichen New Orleans körperlich spürbar wird. Die resultierende Hyperrealität ist in fiebrig schimmernden Farben ausgeleuchtet, untermalt von minimalistischen Beats. Besondere Freude macht Kate Hudson, die hier sichtlich Vergnügen daran hat, entgegen ihrem herkömmlichen Typ besetzt zu sein. 

USA 2021, R: Ana Lily Amirpour, R: Jun Jong Seo, Kate Hudson, Craig Robinson, 106 Min.