Im Wald findet man nicht nur Pilze

Avatar übt Rückwärtssalto

Beim Kurzfilmfestival Köln reichen die Themen von staatlicher Gewalt bis zu künstlicher Intelligenz

Den Erzählformen und Themen des Kurzfilmfestival Köln sind keine Grenzen gesetzt. Pavel Mozhar bildet in »Handbuch« (2021) die systematische Gewalt während der belarussischen Proteste im August 2020 ab. Sein Film fragt: Wie können Gewalt und Übergriffe dargestellt, greifbar gemacht werden? Mozhars filmische Antwort ist eindringlich. Er identifiziert das strukturelle Vorgehen der Polizei mithilfe einer technischen Analyse auf Basis von Augenzeugenberichten belarussischer Bürger:innen. Gerade in Hinblick auf aktuelle Geschehnisse wie die Reaktion des Regimes auf Demonstrationen in Iran erlaubt »Handbuch« eine wichtige Perspektive auf geteilte Erfahrungen, wirft einen besonderen Blick auf die Systematik von Gewaltanwendung. Ein Film, der in seiner Abstraktion beklemmend ist.

»Fence« von Hilke Rönnfeldt spannt eine Welt zwischen Traum und Alltag auf, zeigt ein Verschwimmen von Sehnsucht, Nähe und Grenzen. Da sind Ebba und Jona, die über nächtliches Kuscheln sprechen, von ihren Träumen erzählen — und auf der anderen Seite gibt es einen immer wieder auftauchenden Zaun, eine Grenze zwischen Dänemark und Deutschland, eine Trennung von Wildschweinen und Hausschweinen.

In »Backflip« durchläuft ein Avatar Lernprozesse und verfolgt dabei ein klares Ziel: Er will einen Rückwärtssalto schaffen und versucht damit das, wovor Filmemacher Nikita Diakur selbst Angst hat: »That’s why he is doing it. He might be able to do it.« Diakur untersucht das Erlernen neuer Bewegungen anhand dieses Avatars, der ihm selbst nachempfunden ist. Dabei vermischt sich sein persönliches Ziel mit dem des künstlichen Ich, eine spielerische und ungewöhnliche Darstellung von psychologischem Training und Körperbeherrschung.

Der Animationsfilm »Zoon« von Jonatan Schwenk spielt im Wald, führt in ein verzaubertes Setting mit kleinen echsenartigen Wesen, die sich lächelnd streicheln und liebkosen. Dann der Auftritt der Zweibeiner, die beginnen die Axolotl aufzufressen. Eine außergewöhnliche Atmosphäre, ein verträumtes Sound­design.

Abseits der Wettbewerbskategorien gewährt die Rubrik »Spotlight« dieses Jahr Einblick in das Gesamtwerk der Filmemacherin Kerstin Honeit. Im Rahmen des Länderfokus Kosovo präsentiert der Leiter des Kino Kosova-Festivals in Bern Arbeiten kosovarischer Filmemacher:innen.

Kurzfilmfestival Köln No. 16; mehr zum Programm: kffk.de