Privilegierte Partner: Ralph Elster (mit Lindwurm) und Christian Scheider; Foto: Christian Festag

Gast aus der Kältekammer

Köln geht eine »privilegierte Partnerschaft« mit Klagenfurt ein. Dort ist ein Rechtspopulist Bürgermeister

Kaum jemand wollte das Stadtoberhaupt in Köln empfangen. Auch offizielle Fotos für die Presse sollte es keine geben, als sich Christian Scheider, Bürgermeister von Klagenfurt, Landeshauptstadt von Kärnten, ins Gästebuch der Stadt Köln eintrug. OB Henriette Reker hatte ganz plötzlich andere Termine. Auch Bürgermeister ­Andreas Wolter von den Grünen stand nicht bereit. Und so übernahm am 20. Oktober letztlich Ralph Elster, CDU-Politiker und ebenfalls ein Vertreter Rekers bei repräsentativen Anlässen, die lei­dige Aufgabe, mit dem Gast aus Kärnten zu posieren.

Unangenehm war das, weil schon zwei Tage zuvor reichlich Fragen aufgetaucht waren. Da hatte die Stadt Köln gerade bekannt gegeben, dass man mit Klagenfurt eine »privilegierte Partnerschaft« eingehe und Christian Scheider sich zu diesem Anlass ins Gästebuch der Stadt Köln eintragen werde. Die Mitglieder des Stadtrats fühlten sich übergangen. Sie wussten von nichts. Ausgeheckt hatte dies die Köln-Business GmbH, seit 2019 zuständig für kommunale Wirtschaftsförderung. Aber was ist überhaupt eine »privilegierte Partnerschaft«, wollte man wissen. Und dann war da noch der Gast samt Entourage.

»Beim Namen Christian Scheider hätten in der Verwaltung alle Alarmglocken schrillen müssen«, sagt Hans Schwanitz von den Grünen. Der Klagenfurter Bürgermeister war früher Politiker der rechtspopulistischen FPÖ und ist mit der Medaille der Dr.-Jörg-Haider-Gesellschaft dekoriert. Haider sei ihm »Mentor und Freund« gewesen, so Scheider bei der Verleihung im vergangenen Jahr. Wie passt das zum Kurs von OB Henriette Reker, die ansonsten gerne die Regenbogenflagge am Rathaus hissen lässt und Köln zum sicheren Hafen für Flüchtlinge erklärt?


Ich glaube nicht, dass die OB maximal erfreut über den Vorgang ist Hans Schwanitz (GRÜNE)

Schwanitz sieht den Fehler dafür bei der Verwaltung, nicht aber bei deren Chefin. »Ich glaube nicht, dass die OB maximal erfreut über den Vorgang ist«, so Schwanitz. Auch bei den Grünen sei man »nicht unglücklich« darüber, dass die OB den Vertrag wegen plötzlicher Termine nicht persönlich unterzeichnet habe. Doch öffentlich distanziert haben sich weder Grüne noch OB. Auf Anfrage der Stadtrevue erklärt eine Stadtsprecherin vage, es handele sich bei der Partnerschaft um eine »niederschwellige Vereinbarung zur Bereitschaft einer engeren Kooperation auf unterschiedlichen Gebieten.« Formelle Verpflichtungen gebe es keine, auch habe die Vereinbarung mit Klagenfurt einen anderen Rang als eine Städtepartnerschaft. Überhaupt wird der Begriff »Partnerschaft« von der Stadt vermieden.

Michael Josipovic, Geschäftsführer der Köln-Business GmbH, sagt, Klagenfurt habe sich schon länger eine Städtepartnerschaft mit Köln gewünscht. Das jetzige Konstrukt darf man also als Entgegenkommen verstehen. Wirtschaftliche Zusammenarbeit stehe auch gar nicht an erster Stelle, so Josipovic. Was aber dann?

Die langjährigen Beziehungen, auf die man bei der Stadt verweist, bezeichnen andere als »Kärnten-Connection« — ein Netzwerk von Wirtschaftslobbyisten, das sich seit Jahren regelmäßig trifft, etwa zum »Kölner Abend« am Wörthersee. Auch Kölner Stadtoberhäupter flogen hin. Der  Kölner OB Jürgen Roters (SPD) blieb fern, doch seine Nachfolgerin Henriette Reker führte die Tradition fort. Am Wörthersee nahm sie an einer Gala im Spielcasino teil und enthüllte feierlich ein ­kölsches Heinzelmännchen aus Bronze, das umgehend von einem Geistlichen gesegnet wurde. Wie jetzt Ralph Elster, sprang auch damals ein CDU-Politiker bei: der damalige Bürgermeister Hans-Werner Bartsch. Elster und Bartsch waren denn auch am 20. Oktober beim »Kärntner Abend« im Hotel Maritim, wo man die Partnerschaft feierte. »Köln ist für Klagenfurt von großer Bedeutung und von großem wirtschaftlichen Interesse«, so der Klagenfurter Bürgermeister Scheider nach der Unterzeichnung des Vertrags. Aber umgekehrt habe auch Klagenfurt Köln einiges zu bieten, vor allem im Bereich Klima- und Umweltschutz sowie der technischen Innovation. Es gebe bereits einige »fruchtbare Kooperationen, zum Beispiel zwischen der deutschen Sporthochschule und unserer Kältekammer in Klagenfurt.«

Scheider überreichte seinem Kölner Kollegen im Rathaus eine Figur des Klagenfurter Wahrzeichens, dem Lindwurm. Ob Elster diesen später segnen ließ, ist nicht bekannt.