Unverkennbar handgemacht: Fabian Scheithe vollendet seine Desserts

»Die Aufmerksamkeit ist nun da«

Fabian Scheithe vom Excelsior Hotel Ernst ist zum Patissier des Jahres gekürt worden. Ein Gespräch über zu viel Zucker, Getränke zum Dessert und ausgehöhlte Baiser-Kugeln

Herr Scheithe, wofür sind Sie als Patissier des Excelsiors eigentlich alles zuständig?

Ich verantworte mit meinem Team alle Süßspeisen, die man hier im Hotel bekommt. Wir stellen hier alles selbst her, das gibt es so in Deutschland kaum in anderen Hotels. Also nicht nur die Desserts in den Restaurants Hanse Stube und Taku, auch den Afternoon Tea hier im Wintergarten, aber ebenso die Pralinen, die man hier kaufen kann und die Treatments, die aufs Zimmer gehen. Auch die Schokotafel und das Gebäck, die zum Kaffee kommen, stellen wir selbst her.

So sind Sie im ganzen Haus vertreten, ohne dass die Gäste Sie zu Gesicht bekämen. Köche kommen mal an den Tisch, ein Patissier eher nicht.

Wir gehen in unseren Restaurants schon an die Tische zu den Gästen, vor allem aber beim Afternoon Tea hier im Wintergarten. Das direkte Feedback der Gäste ist mir besonders wichtig, denn hauptsächlich spielt sich unser Arbeitstag ja hinter den Kulissen ab. Zu sehen, wie das, was wir kreieren, dann beim Gast ankommt, ist sicher einer der wichtigsten Motivationstreiber für mein Team und mich. Aber manch einer weiß vielleicht noch nicht, dass man einfach zu uns ins Hotel kommen kann, um Kaffee und ein Törtchen zu genießen.

Sie geben auch Kurse. Kann man das, was Sie dort zeigen, denn zu Hause machen?

Man braucht grundsätzlich nur etwas mehr Zeit für die Zubereitung. Etwas zu pochieren dauert oft mehrere Stunden, und Cremes haben oft  tagelange Ruhezeiten. Wir ma­chen halt mehr als Sahne aufschlagen und mit Aroma verrühren. Aber all das geht mit den Geräten, die die meisten ohnehin in der Küche haben. Und oft sind es ja kleine Kniffe, die den Unterschied machen.

Wie viele Pinzetten brauchen Sie?

Bei uns hat jeder seine eigene! (lacht und zieht eine Pinzette aus seiner Kochjacke) Fürs Filigrane braucht man aber definitiv mehr.

Der Konsum von industriellen Süßigkeiten ist enorm. Erkennen die Menschen den Unterschied überhaupt?

Die meisten merken schon, dass das ein handgefertigtes Produkt ist und dass da zum Beispiel frische Vanille drin ist. Wir stellen ja eigene Infusionen her, wir rühren kein Zimtpulver in die Creme, sondern legen Zimtstangen in Sahne ein, so entstehen ganz andere, komplexe Aromen. In Industrieprodukten ist viel zu viel Zucker.

Wie viel Zucker braucht man?

Wir arbeiten zuckerreduziert, und das schmeckt man auch. Viele gute, frische Früchte bringen so viel eigene Süße mit, dass man kaum noch Zucker benötigt. Wenn man den Fruchtgeschmack herausarbeitet, braucht man nicht noch viel Rohr- und Rübenzucker.

Aber man braucht Fett als Geschmacksträger.

Durchaus! Ich arbeite gern mit Butter. Wir bieten aber auch vegane Patisserie an. Auf Eier, Butter, Sahne, Milch zu verzichten — da muss man sich herantasten. Eier kann man durch Bananen ersetzen oder mit Öl arbeiten. Es klappt zuerst auch nicht immer alles, aber sich heranzutasten, das macht mir Spaß!

Haben Sie ein Beispiel?

Wir wollten eine Baiser-Kugel aushöhlen, damit sie nicht so süß ist, und es sollte eine möglichst dünne Kruste sein. Diesen Punkt zu finden, das haben wir Monate lang immer wieder getestet! Aber das Ergebnis war dann einer der Bestseller in der Hanse Stube!

Was trinkt man eigentlich zum Dessert? Immer noch Sauternes?

Wir gießen zum Dessert oft etwas an, im Taku haben wir aktuell ein Dessert mit Feige auf der Karte, zu dem ich aus Feigenblättern einen Sud gemacht habe. Die Blätter haben ein angenehmes, aber ganz anderes Aroma als die Feige selbst. Verfeinert mit Zitronengras und der Farbe der Feigenblätter ist das geschmacklich und optisch unglaublich! In der Laudatio bei meiner Ernennung zum Patissier des Jahres wurden diese Pairings besonders erwähnt. Manchmal kommt aber auch unser Sommelier und sagt: Ich hab hier was Schönes, könnt ihr mir ein passendes Dessert dazu machen?

Wie oft hören Sie eigentlich den Satz: »Oh, das ist ja viel zu schön, um es zu essen!«?

(lacht) Relativ häufig. Das ist ja auch ein schönes Lob für uns. Aber der Geschmack steht für uns immer an erster Stelle!

Excelsior Hotel Ernst, Domplatz, Trankgasse 1–5, Infos zur Patisserie auf excelsiorhotelernst.com/kulinarik/wintergarten/