Zieleinfahrt am Rheinufer: Drehbrücke in Deutz

Zeit, dass sich was dreht

Die Deutzer Drehbrücke ist restauriert. Die Politik ist sich uneins, wer künftig drüberfahren soll

Bei der Eröffnung der Deutzer Drehbrücke war von Mobilitätswende keine Rede. 1908 ging sie in Betrieb — für Fuhrwerke mit vier Pferden. Fast 115 Jahre später diskutiert der Verkehrsausschuss des Stadtrats, ob über die Brücke zwischen Alfred-Schütte-Allee und Siegburger Straße künftig ­Autos fahren, oder ob sie nur für Fußgänger und Radfahrer freigegeben werden soll? Das Baudenkmal dient einmal mehr der Frage, wie Kölns Mobilität in Zukunft aussehen soll.

In den vergangenen zwei Jahren war die Brücke fürs Auto gesperrt und wurde für circa zehn Mio. Euro restauriert. Es wurde teurer und dauerte länger als geplant. Nun könnte die Brücke wieder befahren werden, sogar von Fahrzeugen bis 7,5 Tonnen Gewicht. »Wir haben ein bauliches Juwel im Sinne des Denkmalschutzes restaurieren lassen. Und dann soll die Brücke wieder für die Autos freigegeben werden, die sie kaputtgefahren haben?«, so Andreas Hupke (Grüne), Bezirksbürgermeister der Innenstadt. »Das wäre das ein Akt der völligen Unvernunft.« Er möchte die Brücke Radfahrern und Fußgängern überlassen. Auch die Bezirksvertretung Innenstadt hat sich erneut dafür ausgesprochen, wie schon 2009. Die Alfred-Schütte-Allee habe ohnehin kaum Bedeutung für den Autoverkehr, was die Sperrung in den vergangenen Monaten gezeigt habe, sagt Hupke. »Zudem wird die Straße ohnehin zugemacht, wenn der Deutzer Hafen fertiggestellt ist.« So steht es im Verkehrsgutachten für das neue Quartier. Für Rad- und Fußverkehr, so Hupke, sei die Strecke aber Teil einer überregionalen Radroute und Zugang zu den Poller Wiesen. Auch die Stadtverwaltung empfiehlt eine Sperrung fürs Auto, für die Anfang November zudem ein Bündnis aus Verkehrsinitiativen vor Ort demonstrierte. Sie verwiesen auch darauf, dass die Alfred-Schütte-Allee in der sogenann­ten Raser-Szene beliebt ist — als Rennstrecke mit schöner Aussicht.

Dennoch ist ungewiss, ob der Verkehrsausschuss die Auto-Sperrung beschließen wird. FDP und  SPD sind dagegen. Auch die Bezirksvertretung Porz hat sich für die Anbindung von Poll durch die Brücke stark gemacht, auch mit Stimmen der dortigen Grünen. Die SPD zielt aber auch auf eine Schwachstelle im Ratsbündnis zwischen Grünen und Volt mit der CDU, die sich jüngst auf ihrem Kreisparteitag gegen autofreie Zonen aussprach. »Ich bin zwiegespalten«, sagt Teresa De Bellis, die verkehrspolitische Sprecherin der CDU. »Es spricht einiges dafür, die Brücke für Autos zu sperren. Aber man darf nicht vergessen, dass es in der BV Porz einen einstimmigen Beschluss für die Öffnung gibt.« De Bellis verweist auf die Zufahrt der nahegelegenen Schütte-Werke, aber auch auf die Belastung der Siegburger Straße, über die künftig auch noch der Baustellenverkehr rollen werde. Deshalb bringt die CDU einen Kompromiss ins Spiel: dass die Alfred-Schütte-Allee zur Fahrradstraße wird — mit Zufahrt fürs Auto, aber Vorfahrt fürs Rad.