Fragile, nervöse Spannung: Schauspielerin Kristin Steffen

Spuk im Kopf

Mit »Once I lived with a stranger« zeigt Regisseurin ­Marie Schleef einen surrealen Psychothriller

»My home is my castle«, steht in neonblauen Buchstaben über dem Containergebilde, aber heimelig ist es hier ganz und gar nicht, und als feste Burg kommt der Pavillon der Hauptfigur auch nicht rüber. Als Deko sind Kakteen aufgestellt, absurd groß und verformt — einmal wird sich Schauspielerin Kristin Steffen in langen roten Haaren und Pyjama, lange auf einen setzen: lustvolle Selbstqual.

Ohnehin lebt dieser Abend von ihr allein, ihrer wunderbaren fragilen, nervösen Spannung in Zeitlupe, die ohne Worte die Zwänge und Psychokämpfe eines jungen Frauenlebens andeutet, manchmal kumpelhaft ins Pub­likum lächelt, dann wieder in Leiden erstarrt.

»Once I lived with a stranger« im Depot 2 ist ein stummes, surreales »Phantombild« zu spannungsgeladen klopfenden Bässen und einem irren Niedrig-Frequenz­ton. Der eher banale Text wird einzig auf den Dachpavillon und einen riesigen Mond projiziert, aber auch Trickfilmsequenzen mit Hund sind zu sehen. Die Geschichte beruht auf dem kurzen Text einer Amber Dawn im ­Guardian, sie erzählt von einer wahren Begebenheit: eine junge Frau zieht in eine Wohnung ein, in der es vermeintlich spukt. Der »Stranger«, das unsichtbare Wesen, das den »Spuk« verursacht, wird nie gefunden, allerdings ­hinterlässt er Schlafsack, Bücher und Essen auf dem Dachboden.

Inszeniert wird der Abend von der jungen Regisseurin Marie Schleef, kaum mehr als eine Stunde lang, als surrealer Grusel- und Psychothriller, der zum Abbild ­eines unbehausten Innenlebens wird: einmal schneidet sich Kristin Steffen die Ponyfransen ab, die auf einmal aussehen wie die Fransen des Wohnungsvorhangs, einmal verwandelt sie sich in einen Kaktus-Schatten. Seltsame Gestalten huschen vorbei, als seien sie Vertreter ihrer Biografie: ein Eis essendes Mädchen, ein jugendlicher Fahrradfahrer, ein Mann mit Kehr­schaufel, einer mit Rollator und starren sie an. Irgendwann kommt ein riesiger Zeigefinger hinter der Bühne hervorgefahren, stürmt in Zeitlupe und Vollmontur ein SEK-Mann auf die Bühne und findet die Gegenstände, aber die seltsame Atmosphäre aus Spannung, Schweigen und Selbstbetrachtung ist dadurch nicht aufgelöst.

Es ist mutig, die Spielzeit des Schauspiels mit einem Abend anzufangen, der eher wie eine Kunst-­Installation wirkt — aber wenn man sich einlässt, erzählt er viel über Zwänge und Paranoia, die in einem Leben auftreten können.

Schauspiel Köln, Depot 2, 23. & 30.12., 20 Uhr