Querverweise auf die Gegenwart: »Sturm« von Tim Mrosek

»Hell is empty and all the devils are here«

Tim Mrosek zeigt zum ersten Mal seine »Shakespeare-Trilogie« hintereinander in der Tanzfaktur

»Hell is empty and all the devils are here«, liest man in flackernden Buchstaben auf der Bühnenleinwand. Sonst nichts als Sand und Menschen, die sich kraftlos um ihr Leben ringend ans Ufer schlep­pen. Es ist der zweite Teil von Tim Mroskes Trilogie, »Sturm«, uraufgeführt 2019. Doch dieser Satz kann programmatisch für alle drei Shakespeare-Adaptionen stehen, die der Regisseur seit Jahren auf die Bühne hievt: »problem plays«, in ihrem Original voll Brutalität, Misogynie und Rassismus, in Tim Mroseks Inszenierungen auch bitter, aber voll kluger Querverweise auf die Gegenwart. Nun wird die »Shakespeare-Trilogie« erstmals hintereinander an einem Ort zu sehen sein, in der Tanzfaktur.

»Titus«, »Sturm« und »Zähmung« heißen die Stücke, die teilweise nominiert für den Kölner Theaterpreis waren (2017: »Titus«) und teilweise mit ihm ausgezeich­net wurden (2019: »Sturm«). In ihnen allen geht es um Macht, Gier und die Verrohung, die beides mit sich bringt: Mal ist die vom Feldherrn gedemütigte Gotenkönigin Tamora, die Tim Mrosek statt des Herrschers ins Zentrum rückt, die Strippenzieherin von Lüge und Verrat. Mal der Alleinherrscher Prospero, der mittels Zauberkraft einen Sturm aufziehen lässt, um sie alle zu knechten. Mal Petruccio, der seine Braut Katharina, die nicht den patriarchalen Rollenbildern entspricht, zunächst regelrecht kauft und dann durch Folter dazu bringt, ihm gehorsam zu sein.

Als einen »Horrortrip auf Helium« beschreibt die Ankündigung die Trilogie, denn Tim Mrosek ver­webt den Stoff mit Pop, Performance und Pathos auf clevere Weise. Ihm geht es darum, überzeitliche Machtstrukturen und ihre unterschiedlichen Ausprägungen aufzuzeigen, indem er etwa alte weiße Innenminister auftauchen lässt, genauso wie ­Corona-Leugner*innen und »No Shirt, No Service«-Diskussionen«, Kekswichsen und Incels.

Dass Tim Mrosek ein Regisseur ist, der sich auch mit Männlichkeit ausgesprochen intelligent und kritisch auseinandersetzt, hat er bereits häufig in seinen Stücken gezeigt, zuletzt in seiner Solo-Performance »Dreckstück« über seine Hassliebe zu deutschem Hip­Hop. Seine »Shakespeare-Trilogie« wird vor allem durch die Stringenz der aufeinander folgenden Abende noch einmal neue Erkenntnisse bereit halten.

Tanzfaktur, »Titus«, Mi 30.11., 20 Uhr; »Sturm«, Fr 2.12., 20 Uhr; »Zähmung«, So 4.12., 20 Uhr