Will zur Nachhaltigkeit in der Gastronomie ermuntern: Maike Block bei der Kaffeepause

»Wir wollen Teil der Lösung sein«

Die IG Kölner Gastro will Betrieben helfen, nachhaltiger zu werden. Vorsitzende Maike Block spricht über Greenwashing, Wandelbarkeit und ein Verbot von Avocados

Frau Block, die IG Gastro möchte mit einem »Green Gastro Guide« die Gastro­nomie nachhaltiger machen. Wollen Sie Heizpilze, ­Avo­cados und Take-away-Verpackungen verbieten?

Nein, aber wir möchten ein Bewusstsein für Nach­haltigkeit schaffen. Um Gas­tronomie zu betreiben, verbrauchen wir unheimlich viele Ressourcen. Sei es beim Abfall oder der Energie. Es geht darum, sich als Gastronom zu fragen, was man daran ändern kann, ohne seinem Geschäft zu schaden. Wir wollen auch in zehn, 20 Jahren noch erfolgreiche Gastros betreiben. Die Grundl­age dafür können wir selbst schaffen. Gastro­nomie ist wandelbar, flexibel und zukunftsgerichtet. Das wollen wir positiv nutzen. Oft ist Nach­haltig­keit nur ein PR-Schlagwort. Green­washing findet man in unserer Branche eher nicht. Viele Gastro­nomen arbeiten schon heute nach­haltig — und erzählen es nicht mal. Man muss die Leute eher ermuntern, das zu kommunizieren und für sich zu nutzen.

Was sind konkrete Empfehlungen aus dem Guide?

Kleinigkeiten können einen Unterschied machen. Bewegungs­melder im Kühl­haus, regel­mäßiges Prüfen von Dichtungen, das Toiletten- und Hygiene­system. Wenn jede Gastro­­nomie LED verwendet, wird man das bei der Rhein­energie am ganz großen Zähler ablesen können. Natürlich kann man auch größer denken: Wir haben etwa das Best-practice-Beispiel einer Brauerei, die eine Wärme­rück­gewinnung für das angeschlossene Brau­haus und Hotel liefert.

Jeder tut also, was er kann.

Unsere Branche ist heterogen. Betriebe haben sehr unterschiedliche Möglich­keiten. Von der Eck­kneipe, wo der Wirt von den Ein­nahmen des Abends am nächsten Morgen im Handels­hof einkaufen geht, bis hin zur riesigen Kette mit Millio­nen­­umsätzen. Wir haben bei dem Guide darauf verzichtet, den Zeige­finger zu heben. Wir wollen niemanden beschämen, sondern Gastro­nomen ermutigen und ins Handeln bringen. Jeder hat andere Kapazitäten. Und niemand muss einen Abschluss machen in Wasser­wirt­schaft. Man kann auch Maß­nahmen umsetzen, ohne das groß zu hinter­fragen. Ein zusätz­licher Antrieb ist, dass vieles einen wirt­schaft­lichen Impact hat. Wer Ressourcen spart, spart Geld.

Ist die Zeit günstig?

Absolut! Der Moment, Leute über diesen Anreiz ins Boot zu holen, ist optimal. Das wird ein Schlüssel für den Erfolg.

Einige Maßnahmen sind naheliegend. Welche Tipps sind eher über­raschend?

Das sind vor allem an­grenzende Bereiche, die man mit Nachhaltigkeit in Gastro­nomie erst mal nicht in Verbindung bringt. Mit Smart Gastro kann man viel einsparen, vor allem machen digitalisierte Prozesse Handlungen in der Gastro­nomie messbar. Das mo­tiviert, in ein nachhaltiges Handeln zu kommen. Kom­mu­­ni­kation ist wiederum wichtig, um ein Nach­haltig­keits­bewusst­sein in der gesamten Bran­che zu schaffen. Wenn jeder Betrieb aufzeigt, was er bereits umsetzt, macht man das Thema nah­barer und schafft eine Stimmung des Handelns: Wenn Café A das kann und davon erzählt, dann glaubt Café B, dass es das auch kann. Wir wollen ein Green Gastro Movement erzeugen, in der die Community Ideen einbringt und sich aus­tauscht — ein Projekt, das in den kommenden Jahren in Bewegung bleibt und sich weiter­entwickelt.

Schafft sich eine Gastronomie Fall­höhe, wenn sie sich ein Nach­haltig­­keits-Label gibt?

Natürlich wird es Menschen geben, die das Haar in der Suppe suchen. Aber das positive Feed­back wird immer größer sein. Gerade bei jungen Menschen spürt man einen Wandel. Sie gehen lieber in Läden, in denen regional und saisonal ein­gekauft wird und wo die Mit­arbeiter zufrieden sind und fair bezahlt werden.

Aber sind sie auch bereit, dafür mehr zu zahlen?

Wenn man es kommuniziert, ist es den Gästen etwas wert. Das merken wir beim Thema Fleisch. Es gibt bis heute Betriebe, die nur Fleisch­gerichte auf der Karte haben. Aber wir wollen niemanden sagen: Verwendet kein Fleisch oder keine Avocado mehr! Wir möchten zu spannenden Alter­nativen anregen.

Wie reagieren die Gastro­nomen auf Ihren Vorstoß?

Die meisten waren begeistert und hatten Aha-Momente, viele wollen das angehen. Wenn die Leute Anleitung bekommen und ihre Kapazitäten nicht auf eine Recherche verwenden müssen, ist die Hemm­schwelle nicht so groß. Gastro­nomie ist ein wertvoller Teil des Stadt­erlebens, aber wir über­nehmen auch Verantwortung. Wir wollen Teil der Lösung sein.

greengastroguide.de