Nicht zu retten

Die Pläne zur Umgestaltung des Neumarkts sind zum Scheitern verurteilt

Bei Leser*innen der Lokalpresse dürfte der Neumarkt öfters für Bluthochdruck sorgen. Regelmäßig lesen sie dort Berichte über die Drogenszene, die den Platz für sich in Beschlag genommen habe. Aber auch für alle anderen birgt der ehemalige Exerzierplatz nicht besonders viel Freude. Rad- und Fußwege sind zu eng, der Autoverkehr ist zu laut. Am Neumarkt ist man freiwillig eigentlich nur zum Umsteigen.

Die Stadt Köln will das jetzt ändern. Zwei neue Fußgängerüberwege, eine Verkleinerung des Taxistands sowie den Abriss von Busparkplatz und Kiosk an der Ostseite sehen die Pläne vor, die nun bekannt wurden. Als Ersatz soll im Westen des Platzes ein Gastronomiecontainer aufgestellt werden — direkt neben dem Brunnen, der wieder sprudeln soll. Zusätzlich plant die Stadt...na, was wohl? Richtig, ein Kulturprogramm!

Bei den Plänen stand offensichtlich der Ebertplatz Pate. Das ist erstmal eine gute Nachricht. Viel zu lange hat man versucht, in Köln Probleme im öffentlichen Raum durch Polizei und Ordnungsdienst zu lösen. Der Ebertplatz hat gezeigt, dass es auch anders geht: Durch das Engagement der Kulturszene und eine flexible Haltung der Stadtverwaltung wurde der brutalistische Platz ein beliebter Hangout mit Springbrunnen. Aber lässt sich das am Neumarkt wiederholen?

Die Chancen stehen schlecht. Denn wo sind die Kulturleute, die diesen Ort schon heute zu ihrer Heimat gemacht haben und die sich mit Herzblut dort engagieren würden? Auch eine Anwohnerschaft sucht man in den Geschäftsgebäuden rund um den Neumarkt vergeblich. Warum sollten die Kölner*innen den Platz aufsuchen, wenn in den benachbarten Straßen um 20 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden, weil die Geschäfte schließen? Hinzu kommt, dass das Lärmproblem am Platz erstmal bestehen bleiben wird. Die ringförmige Verkehrsführung bleibt unangetastet, bis ein Beschluss über die Ost-West-Achse gefallen ist. Und danach kommt zum Motorenlärm für ein paar Jahre oder Jahrzehnte auch noch Baustellenlärm dazu.

Vielleicht wäre es an der Zeit, sich klar zu machen, dass der Neumarkt in absehbarer Zeit keine Aufenthaltsqualität für Menschen bieten können wird. Eine Pflastersteinwüste muss er trotzdem nicht bleiben. Schließlich werden Grünflächen als Hitzeinseln und Sickerflächen immer wichtiger. Wildblumensamen gibt es in jedem Baumarkt. Dann hätten es zumindest die Insekten dort gemütlich.