Merchandise — politisch korrekt

Gewinn mit Gewissen

Viele gastronomische Betriebe bieten neuerdings Werbeartikel an, die eine Verbindung zwischen politischer Haltung und Snacks behaupten

Mehr Menschen achten heute darauf, welche Folgen ihr Konsum hat — zumindest die, die es sich finanziell leisten können. Das ist gut für Tiere, Natur, Klima, aber auch fürs eigene Gewissen. Nüchtern betrachtet macht es kaum einen Unterschied, ob sich ein wachsendes linksliberales Großstadtmilieu den Flat White mit echter Milch oder einem Ersatzprodukt aus Hafer zubereiten lässt. Überhaupt wird etwas zu viel Aufhebens darum gemacht, was der Einzelne tut, denn nicht individuelles Verhalten, sondern nur Gesetze können die Entwicklung noch zum Guten wenden. Selbstverständlich spricht nichts dagegen, sein Verhalten zu ändern. Bloß ist ­diese Selbstkontrolle bei der Ernährung augenscheinlich viel stärker ausgeprägt als in Bereichen des Konsums, der Dienstleistungen, des Lebensstils.

Die Weise, wie wir essen und trinken, was wir kaufen und zubereiten, ist auch eine Form von Kommunikation: Wir bringen damit etwas zum Ausdruck, und andere sollen es sehen — nicht zuletzt deshalb sind überhaupt Restaurants entstanden. Gastronomen wissen das, und so erklärt sich, dass immer öfter auch Merchandise auf der Speisekarte steht oder im Laden angeboten wird. Gab es immer schon, neu ist aber, wie dezidiert politisch es ist. Politics sells. Aber wer sind die Menschen, die sich Kapuzenpullis eines Gastro-Filialisten kaufen, auf denen eine vegane Revolution ausgerufen wird? Wer trägt die T-Shirts eines Bistros, die ­einen Zusammenhang zwischen dem Genuss fair gehandelten Kaffees und einer antifaschistischen Gesinnung bekunden?

I wo, dieser Plunder muss gar nicht verkauft werden. Es reicht den Betrieben, ihn anzubieten und ihn auf den gängigen Kanälen zu präsentieren. Auch so vermittelt es den Gästen das kuschelige Gefühl, Teil einer community zu sein — auch, wenn sie bloß Süßkartoffelpommes essen oder Hafer-Latte trinken. Gewiss: Wir brauchen viel weniger oder gar kein Fleisch auf dem Teller und enden muss die Skrupellosigkeit der Lebensmittelkonzerne und ihrer Handlanger. Aber Gäste einer Burger-Filiale oder eines Cafés mit ­aggressiv-lustigen Kampagnen und ­radical chic vor den eigenen Karren zu spannen und zur wandelnden Litfaßsäule zu machen, bringt uns diesem Ziel nicht näher. Vielmehr verfestigt es jene Strukturen von Werbung und Influencertum, die uns all den Schlammassel überhaupt eingebrockt haben.