Berauschend-intensiv: Münchner Kammerspiele, 2021 © Armin Smailovic

»eure paläste sind leer«

Der österreichische Sprachkünstler Thomas Köck tröstet mit »Optimismus im Scheitern«

Ein trister Samstag, Spaziergang im Nieselregen. Einiges scheint kaputt gegangen zu sein in letzter Zeit, als sei eine Kante abgeschlagen vom davor Intakten. Dann, in der Buchhandlung, ein Lichtblick im wahrsten Sinne des Wortes: Zwischen schlichten Buchdeckeln leuchtet in der Auslage Thomas Köcks Theatertext in orangefar­benem Einband. »die ­atlanten durcheinander / die klassiker ­enthauptet / die statuen gestürzt / und durch eure scheißtreppen / heult der jahrtausend­­wind« steht auf der Rückseite des Buches. Fünf Zeilen, die trösten, auf dem Nachhauseweg, abends beim Lesen und auch übermorgen noch, weil aus ihnen gnadenlos intim der Schmerz über den Zustand der Welt spricht: »uns hat es immer schon gekümmert«.

Der Dramatiker und Sprachkünstler, geboren 1986 und auf­gewachsen in einer 2000-Seelen-Gemeinde südlich von Linz, ist ein Punk der Theaterszene, der ­allerdings zwei Mal in Folge den Mülheimer Dramatikerpreis gewonnen hat. Nie ermüdet er darüber zu schreiben, für wie extrem veränderungs­bedürftig er die Welt hält und warum er am »Optimismus im Scheitern« festhält.

In seinem Debüt »Jenseits von Fukuyama« (2014) erzählt er vom absurden Innenleben einer neo­liberalen Firma, in seiner »Klimatriologie« vom europäischen ­Kolonialismus im Amazonasgebiet und einem Chor der Kinder, der darüber lamentiert, was für ­fatale Erblasten die gegenwärtige Generation ihren Nachkommen hinterlässt. In »eure paläste sind leer (all we ever wanted)« unternimmt Thomas Köck »eine Reise sprachstromabwärts ins Herz der Finsternis des europäischen Kolonialismus als Ursprung eines weltumspannenden Kapitalismus«, wie es in der Süddeutschen hieß.

2021 brachte Jan-Christoph Gockel das Stück in den Münchner Kammerspielen zur Urauf­führung. Drei Stunden, die berauschend-intensiv gewesen sein sollen. Bis in Köln ein Stück von ihm zur Aufführung kommt, ­bleiben Hörbücher, abrufbar bei Deutschlandfunk Kultur, für die Thomas Köck Preise verliehen ­bekam — und die »neverending playlist«, ganz am Ende des orangefarbenen Buches, Songs »in ­loser und unfertiger reihenfolge« von Fever Ray bis Mozart »und all die / all die / all die / anderen«.