Nix darf man!

Die Fahnenfrage

Kölner Kleingärten sollen naturnäher werden. Das ist gar nicht so einfach

Falls der Schrebergarten jemals ein Hort des Spießertums war, so sind die Zeiten lange vorbei. In unserer Gartenanlage herrscht jedenfalls eine lockere Atmosphäre, Menschen und ihre Gärten sind sehr unterschiedlich, und niemand stört sich daran. Doch Gärtner haben natürlich so ihre Gewohnheiten, und davon lässt man nicht gerne ab. Zum Beispiel, wenn eine neue Gartenordnung in Kraft tritt. In Köln ist das seit Jahresbeginn der Fall.

»Man darf ja nichts mehr«, sagte unsere Nachbarpächterin neulich. Sie und ihr Mann sind alt, sie sind nicht mehr so fit, aber ihrem Garten sieht man das nicht an. Es ist bewundernswert, wie gut sie ihn in Schuss halten. Mit dem neuen Regelwerk sollen die Gärten naturnäher und ökologischer werden. Was stört die Nachbarin daran? Na ja, sagt sie, und guckt zur Seite. Man dürfe natürlich keinen Chemiedünger nehmen, das sei schon klar. »Aber gar kein Dünger mehr? Wenn man will, dass ein bisschen was wächst?« Als mir zu dämmern beginnt, warum die Tomaten im Nachbargarten stets so üppig gedeihen, geht die Klage schon weiter. Ihre Solarlichter müssten sie auch entfernen, wegen der Lichtverschmutzung, dabei sagten doch alle Passanten, wie schön die aussähen. Ja, und dann… dann müsse ja auch bald die Fahne weg!

Jetzt bin ich endgültig verwirrt. Inwiefern ist das Beflaggen beim naturnahen Gärtnern hinderlich? Und kann es überhaupt einen Kölner Kleingarten ohne FC-Fahne geben? Laut BUND soll die Gartenordnung dazu beitragen, dass Pächter »den Kleingarten nicht wie große, billige Campingplatzparzellen mit Rasen, Grill und Haus« behandeln. In diesem Zusammenhang muss man wohl auch die Fahnenfrage sehen. Das Hissen einer Fahne ist zwar nach wie vor erlaubt — allerdings nur mit ausreichendem Abstand zur Grundstücksgrenze und »bei Anwesenheit im Garten«.

Gleich neben dem alten Paar hat eine junge Familie ihren Garten. Den von ihren Vorgängern geerbten Fahnenmast haben sie noch nie bestückt, doch ehrgeizige Gärtner sind auch sie. Nachdem ihnen im vergangenen Jahr fast die gesamte Artischockenernte gestohlen wurde, wollten sie sich eigentlich auf den Anbau von Topinambur verlegen — auch dies ein ange­sagtes Gemüse, das mit seiner unspektakulären Optik aber deutlich weniger anziehend auf Gemüsediebe wirken dürfte. Doch dann las der Nachbar die Gartenordnung und sah, dass Topinambur zu den invasiven Pflanzenarten gehört. Ihr ­Anbau im Kleingarten ist verboten.