Nicht nach oben, sondern nach vorne: Xul Zolar melden sich zurück; Foto: Robert Winter

Xul Zolar

Einst Indie-Pop-Versprechen — und jetzt? Die Kölner Xul Zolar melden sich zurück

Xul Zolar — auch nach Jahren auf Konzertpostern, bei Facebook und Instagram oder auf Plattencovern wirkt diese Kombination an Buchstaben ungewohnt und eigentümlich. Vor allen Dingen verraten ­weder das X noch das Z am Anfang der beiden Worte etwas von der Musik, die sich hinter diesem Bandnamen verbirgt.

Aber der Reihe nach: Was bedeutet dieser Name denn nun? Die beiden Gründungsmitglieder Marin Geier und Ronald Röttel ­haben sich einst, im Jahr 2011, im Club Scheiße irgendwo in Ehrenfeld kennen gelernt. Der argentinische Surrealist Xul Solar wurde als Namenspatron des nun schnell entstehenden Bandgefüges gewählt. Tim trommelte bis zu seinem Ausstieg die Beats; nach einer Phase des Übergangs kam Dennis, genannt Pony, dazu und setzte sich fortan hinter das Schlagzeug.

Das war 2015. EPs erschienen, die Arbeit am Debüt-Album begann.

Spätestens seit »Fear Talk« (2018) mit seinen elegischen, elegant driftenden Songs hatte die hiesige Musikpresse ­einen Narren an der nun zum Quartett gewachsenen Band gefressen. Mit Dennis Enyan am Bass waren Xul Zolar plötzlich eine der großen Pop-Hoffnungen — da waren sich Feuilletonisten und Musikkritiker*innen einig.

Immer weiter nach oben? Statt Erfolg wartetet Corona auf die Vier. Marin Geier erzählt: »Während andere Musik-Kolleg*innen und Bands die erste Covid-Zeit nutzen konnten, war daran bei uns nicht zu denken.« 2019 hatten sie noch eine Tour hinter sich gebracht und wollten erstmal entspannen; Corona ließ dann Risse entstehen. Die verdiente After-Tour-Pause vom Bandgefüge wurde ungewollt ­länger. »Wir haben im ersten Jahr kaum Kontakt untereinander gepflegt, hatten alle eigene Projekte und uns anderwei­tig verwirklicht«, erklärt Bassist Dennis.

Keiner aus dem Quartett ist Berufsmusiker, vielmehr sind die Karrierewege ungleich. Da ist ­Sänger Ronald, der Akademiker ist; Marin, der mittlerweile als Lehrer arbeitet; Pony, der als Backliner und Stage-Techniker Bands begleitet und Dennis, vor allen Dingen als Tontechniker tätig. Corona traf alle auf unterschiedliche Art und Weise. Heute weiß Marin Geier: »Da war die Band am Scheideweg und die Zukunft war ungeklärt. Erst 2021 haben wir dann überlegt, ob das noch Sinn macht. Und haben uns aber für ein zweites Album entschieden.«

Seit einigen Wochen steht endlich »Heidelbach« in den Plattenläden. Ein Album, das so klingt, als hätte die Band kontinuierlich durchgearbeitet. Die Songs des Albums sind noch dichter als bisher und ausgeklügelter — sowohl in Sound als auch im Songwriting. Das klingt nicht nach zwischenzeitlicher Depression, sondern eher nach dem Großangriff auf höherer Weihen — bei den Streams und bei den Kritikern. Für den internationalen Klang, der eine breite Brust vermuten lässt, holte sich Xul Zolar die befreundete Band Coma , und damit gleich zwei Produzenten, ins Haus. »Georg und Marius«, resümiert Dennis, «haben ganz explizit ihren Tanzflächensound mitgebracht.« Und so hat sich für die Band das Spektrum der Referenzen und Vorbilder deutlich erweitert: Neben Joy Divi­sion, Prefab Sprout oder Talk Talk spielen Bezügen zu New Order oder auch zum Wave-Revival der Nuller Jahre eine viel größere Rolle als bisher.

Marin steht souverän zum Spiel mit dem ­»Retro«-Label, gleichzeitig sei man aber keine »Abklatsch-Band«, die undifferenziert die 80er imitiere. Es geht ­ihnen um konkrete Aktualisierungen und Weiterentwicklungen. Heute schreibt nicht mehr ausschließlich Ronald die Texte, die Last hat sich auf mehrere Schultern verteilt. Und auch stimmlich wird er auf »Heidelbach« unterstützt: Neben Bassist Dennis haben Produzent Georg Conrads und auch die Kölner ­Musikerin Hanitra Wagner Backing Vocals übernommen.

»Heidelbach« präsentiert sich als reifes zweites Album, das nicht nur im Regionalen seine Anhänger­schaft sucht, sondern dirtekt an große Indie-Produk­tionen des ­US-amerikanischen Marktes anschließen möchte. Dass Ronald von jeher auf Englisch singt (»Einfach die bessere Pop-Sprache«) könnte da noch zum Vorteil werden. Nach wack­ligen Jahren wäre das zu wünschen — ­damit schließlich zum dritten Album noch viel mehr Leute wissen, was Xul Zolar ­bedeutet. 

Tonträger: Xul Zolar, »Heidelbach«, ist bereits auf (Asmara oder xulzolar.bandcamp.com) erschienen