Auf einen Blick nicht zu erfassen: Dani Karavans »Ma’alot« Foto: Dörthe Boxberg

Zwischen Dom und Strom

Dani Karavan: »Ma’alot«, Heinrich-Böll-Platz

Das Environment »Ma’alot« des vor zwei Jahren verstorbenen isra­elischen Künstlers Dani Karavan hat eine Grundfläche von 5000 m2 — in dieser Größenordnung sollte es eigentlich augenfällig sein. Auf der Rückseite des ­Kölner Domes, breitet es sich im öffentlichen Raum zwischen dem Museum Ludwig und dem gegenüberliegenden Werkstattgebäude und über die unter dem Platz ­liegende Philharmonie hinweg in Richtung Rhein aus. Zudem hat Karavan, wie bei all seinen Installationen und Environ­ments, mit Formgebung und Mate­rial auf das Umfeld reagiert. Die Werkstoffe: viele rote Ziegelsteine, Granit, Gusseisen und Eisenbahnschienen, Gras, Bäume und Sonnenlicht. Trotz seiner Umfangs ist »Ma’alot« nur schwer als zusammenhängendes Werk zu identifizieren.

Der vieldeutige hebräische Begriff »Ma’alot« bedeutet unter anderem Stufen. Also beginnt diese Begehung oberhalb des Rheingartens an einer kleinen Mulde, aus der eine Eisenbahnschiene den Weg auf die Treppenanlage hoch zum Platz führt.

Dort steht markant ein aus hellen Granit- und dunklen Gusseisenquadern gestapelter Turm mit eingelassenen Stufen, vertikalen Einschnitten und fensterartigen Öffnungen. Wenn im Osten die Sonne aufgeht, kommt hier das Sonnenlicht ins Spiel. Eine von ­einem Granitband eingefasste zweite Bahnschiene führt vom Turm zum Dom und endet in ­einer quadratischen Gusseisenplatte. Vollendet wurde »Ma’alot« 1986 im Zuge des Neubaus für die Union aus Museum Ludwig und Philharmonie.

Karavan wollte ein Gesamtkunstwerk schaffen, »eine Verbindung von Materialien, Formen, Ausblicken, Erinnerungen, Assoziationen«, einen Platz der »zum Schauen, zum Durchgehen, zum Verweilen« einlädt. Über der ­Philharmonie ist ein scheibenförmiges Element, dessen einzelne Ringe den Materialwechsel vom Turm aufgreifen, horizontal in den geneigten Platzbelag gesetzt. Wie die alltäglichen Gegebenheiten Karavans Intention entgegenwirken, wird an dieser Stelle ­deutlich: Die Witterung hat den Hell-Dunkel-Effekt aufgehoben; während der Konzerte darf die Platzfläche nicht betreten werden, weil sich die Geräusche in den Saal darunter übertragen; vom Bahnhof kommende Passanten eilen mit Kurs auf die Brücke vorbei.

Wer hier oben aber innehält und sich umschaut, etwa zur anderen Rheinseite, könnte an die Deportationen der Kölner Juden und Jüdinnen vom Deutzer ­Bahnhof erinnert werden.