In Hausschuhen, biertrinkend


Wer will schon so leben wie die Eltern und Großeltern mit ihren abgehangenen Moralvorstellungen? Ein fantastischer Fotoband aus dem Kölner Emons-Verlag lässt einen die Frage anders beantworten als gewöhnlich: Da wäre man unbedingt gerne dabeigewesen, damals bei der »Kirmes Südstadt 1961« (so der Titel des Buches). In jenem Jahr fand das traditionelle Kirchweihfest von St. Severin zum vorletzten Mal statt – ein Jahr später war’s vorbei mit der Sause: Dem Pfarrer gefiel das despektierliche Benehmen der Südstädter auf ihrer Kirmes überhaupt nicht.
Die Fotos des Kölner Bildjournalisten Erik Schwarz (1936-1999) illustrieren die Bedenken des Geistlichen eindrücklich: Die Südstadtkirmes war ein dreitägiges, rauschendes Fest der einfachen Leute aus dem Viertel. Sie feierten auf der Straße, unverkrampft und ausgelassen, ansteckend fröhlich und unglaublich albern: Erwachsene Menschen im Sonntagsstaat schnappen mit weit offenem Mund nach einer Wurst, die von einer Leine baumelt! Und auf dem Trottoir tanzen die Jungen Walzer, während die alten Frauen die Küchenstühle vor die Tür gerückt haben und nun in Hausschuhen biertrinkend das Treiben kommentieren. Da hätte man sich gerne dazugesetzt.

Thomas Plum (Hrsg.): Kirmes Südstadt 1961, Fotos von Erik Schwarz, Emons Verlag, Köln 2005, 128 S., 16,80 Euro.

StadtRevue verlost:
5 Exemplare des Fotobuches, E-Mail mit dem Stichwort »unglaublich albern« bis 17.2. an verlosung@stadtrevue.de