Foto: Manfred Wegener

Es gibt kein Zurück

Die beschlossene Aufarbeitung des Messe-Skandals droht an der Politik zu scheitern. Das wäre die Fortführung des Skandals

Der Antrag wirkte chancenlos. Als Mitte März Thor Zimmermann von Deine Freunde gemeinsam mit den Freien Wählern eine »Aufarbeitung des Messe-Skandals« forderte, entspann sich im Rat der Stadt eine Debatte. Sie trug zwar erwartungsgemäß nichts zur Klärung des Skandals bei. Aber sie vermittelte einen tiefen Einblick, wie die Vorfälle um die Kölner Messe seit 2003 und 2004 noch immer im kollektiven Bewusstsein der Parteien arbeiten: »Vielleicht tragen wir auch ein wenig Verantwortung für die grandiose Geldverschwendung, aber die anderen waren doch noch schlimmer« — so lautete der Subtext der Reden von CDU und SPD, von Grünen und FDP.

 

2003 hatte der Stadtrat hinter verschlossenen Türen einen öffentlich kritisierten Deal mit dem Esch-Fonds abgeschlossen: Der Fonds würde neue Messehallen errichten, die Stadt würde sie zurückmieten. So kam es, und es kam Köln sehr teuer zu stehen. Die Stadtsparkasse Köln, die Kölner Messe, Parteimitglieder von SPD und CDU sind in das undurchsichtige Geschehen ver­wickelt. Gegen einige laufen bis heute juristische Verfahren und Ermittlungen. Dass der Rat der Stadt nun im März einstimmig für eine Aufarbeitung des Messe-Deals votierte, war eine Sensation. Und es weckte die Hoffnung, die Parteien zeigten Reue und seien an Aufklärung interessiert.  

 

Daran zu glauben, fällt nun schwerer. Martin Börschel (SPD)  fordert »Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis zu halten«. Schon fragen andere, was man mit den veranschlagten 150.000 Euro nicht sonst noch anstellen könnte, sekundiert von Teilen der Kölner Presse. Auch bei den Grünen rumort es, die CDU schweigt und FDP und Linke bekunden in ungewohnter Eintracht ihre Zweifel. Das ist kein guter Start.

 

Stadtkämmerin Gabriele Klug (Grüne) hat sich den Aufklärungswillen von Thor Zimmermann zu Eigen gemacht. Das ist gut. Jetzt aber kommt es darauf an, einen Auftragnehmer für die interdisziplinäre Recherche und Dokumentation zu finden. Die Universität hat abgesagt, aber es gibt auch journalistische Büros mit entsprechender Expertise. Alle Unterlagen zu dem Vorgang im Büro der Kämmerei und der Oberbürgermeisterin müssten für das Projekt zugänglich gemacht werden, ebenso die der Kölnmesse und der Sparkasse Köln-Bonn. Eine abschließende Dokumentation müsste von allen Fraktionen anerkannt werden — als Bekenntnis zurAufarbeitung des Messe-Skandals.

 

Die Kölner Öffentlichkeit wird sehr aufmerksam verfolgen, ob die Parteien ihrer Verantwortung für die politische Kultur nachkommen. Nun das Vorhaben fallenzulassen, schlimmer noch: es stillschweigend auszusitzen und abzuschwächen, wäre verheerend. In der Sache, aber auch als Signal an die Kölner Bevölkerung. Eine Aufarbeitung hingegen würde den Willen der Stadtspitze und des Rates zeigen, einen wirklich neuen Politikstil einzuführen. Es wäre eine Werbung für Köln.