Skepsis ist angebracht: Alter Güterbahnhof im Ehrenfelder Westen | Foto: Manfred Wegener

Nur die Güterhalle bleibt

Das Gelände des ehe­maligen Güterbahnhofs in Ehrenfeld wird bebaut. Mit der Brachen-Romantik ist es vorbei

Ein bisschen Wehmut liegt in der Luft, und der kitschige Sonnenuntergang trägt sein Übriges bei. Events in der Halle des »Jack in the Box«-Vereins wie der Nachtflohmarkt an diesem Samstag Mitte Oktober gehören bald der Vergangenheit an. Anfang November zieht der Verein, der Arbeitssuchende unterstützt, mit seinem Büro und den Werkstätten nach Bayenthal. Veranstaltungen wird es dann auch nicht mehr geben. »Schade ist es schon«, sagt Martin Schmittseifer aus dem Vorstand von Jack in the Box, »für uns geht eine Dekade zu Ende«. Nach und nach werden alle Mieter auf dem Gelände ausziehen und der zum großen Teil brach liegende Güterbahnhof im Ehrenfelder Westen einem neuen Stadtquartier weichen.

 

An alte Zeiten wird dann nur noch die Güterhalle erinnern, die erhalten bleibt und weiterhin als Veranstaltungsort dient. Ansonsten soll sich im östlichen Teil des Areals Gewerbe ansiedeln. In einem Hochhaus an der Ostspitze könnten Studierende ein neues Zuhause finden, Boardinghouses eingerichtet werden oder ein neues Hostel eröffnen. Im westlichen Teil soll vorwiegend kleinteiliger Wohnungsbau stattfinden sowie eine Kita entstehen. Die Klein­gärten am Maarweg bleiben vorerst. Um den Lärm der vorbei­fahrenden Züge und der Recycling-Anlage im Süden aufzufangen, soll entlang der Bahnschienen eine zwölf Meter hohe Wand errichtet werden. Bis das Quartier bezugsfertig ist, verstreichen wahrscheinlich noch Jahre, die Erschließung des über sieben Hektar großen Areals soll aber bereits nächstes Jahr starten. So will es zumindest der Eigen­tümer, das Immobilienunternehmen Aurelis. Anfang 2018 könnte Baubeginn sein.

 

Ende November werden die Bebauungspläne offengelegt. Ab dann — so regelt es das Baugesetzbuch — haben die Kölner vier Wochen Zeit, die Pläne im Stadtplanungsamt einzusehen und dazu Stellung zu nehmen. Bisher hielt sich die Aufregung über die Bebauung des Güterbahnhofs und das Ende eines Orts, an dem sich urbane Gärtner, Kreative, Handwerker und Feierlaunige getroffen haben, in Grenzen.

 

Zufrieden sind deshalb noch lange nicht alle. Als Ende September der aktuelle Stand der Entwicklungen im Rahmenplanungsbeirat vorgestellt wurde, war die Stimmung gedämpft. »Die überarbeiteten Pläne fielen konventioneller aus als gedacht«, sagt Katrin Bucher, die für die SPD-Bezirksvertretung im Beirat sitzt.

 

Die durchs Quartier führende Straße wird demnach eine gewöhnliche und nicht — wie ursprünglich geplant — ein »Shared Space«. Der Radweg von Ost nach West wird zum normalen Spaziergängerweg. Offen bleibt, wie viel öffentlich geförderter Wohnungsbau entstehen wird. Das kooperative Baulandmodell, nach dem bei neuen Bauprojekten 30 Prozent soziale Wohnungen vorgehalten werden müssen, greift laut Stadtplanungsamt nicht. »Die anfallenden Kosten sind hier so hoch, dass der nach dem Modell mögliche planungsbedingte Bodenwertzuwachs der Grund­stücke von mindestens einem Drittel nicht erreicht werden kann,« erklärt Amtsleiterin Anne Luise Müller. Will heißen: Die Verordnung greift nicht, weil Aurelis so viel Geld investieren muss, damit auf dem von Lärm und Erschütterungen betroffenen Areal überhaupt Wohnungen entstehen können. »Sozialen Wohnungsbau wird es aber auf jeden Fall geben«, versichert Dirk Dratsdrummer von Aurelis — wie viele Wohnungen, darüber machte der Pressesprecher noch keine Angaben. Die genaue Zahl wird die Stadt Köln mit Aurelis aushandeln.

 

Das kulturelle Angebot im Veedel wird durch den Weggang von Jack in the Box, den anderen Initiativen, Ateliers und dem Club Jack Who ein ganzes Stück ärmer. Einen Abschied für immer muss es aber nicht bedeuten. Martin Schmitt­seifer und seine Partner, die einen großen Unterstützerkreis haben, wollen in die Entwicklung des neues Quartiers einsteigen. Gespräche mit Aurelis laufen bereits. Es könnte also gut sein, dass Jack in the Box 2018 ein Comeback in Ehrenfeld feiert.