Christiana Soulou

Sie zeichnet. Dies tun eine ganze Reihe anderer Künstler auch, ohne Frage. Die 1961 in Athen geborene Christiana Soulou jedoch zeichnet seit mehr als dreißig Jahren mit einer solchen Ausschließlichkeit, die dann doch erstaunt. Dabei trumpfen ihre figurativen Arbeiten auf den ersten Blick gar nicht groß auf. Auf mittelformatigem Papier nehmen die wenigen Protagonisten nicht mal die volle Blattgröße ein. Vielleicht mal ein zweiter Versuch, die Betonung eines Körperdetails oder in seltenen Fällen eine Linie, die den Raum andeutet — darum herum bleibt die Seite leer.

 

Soulous Figuren bewegen sich elegant, vollführen Gebärden, die eine Geschichte erzählen, und führen miteinander einen stummen Dialog. Daher werden sie oft zu Serien zusammengefasst. Diese Serien, vornehmlich aus dem letzten Jahrzehnt, sind jetzt im Kölnischen Kunstverein zu sehen. Es ist die erste deutsche Einzelpräsentation einer beeindruckenden Künstlerin, über die man nur spärlichste biografische Details in Erfahrung bringen kann. Studiert hat sie an der Kunstakademie in Paris; heute lebt sie in Athen und wird durch wenige, jedoch namhafte Galerien vertreten.

 

In der Mehrzahl nehmen die Werkserien ihren Ausgangspunkt bei konkreten literarischen Vorlagen, sind jedoch nicht als bloße Illustration zu verstehen. Wenn Soulou sich den Werken von Shakespeare, Kleist, Georges Bataille, T.S. Eliot, Jean Cocteau oder Jorge Luis Borges nähert, findet eine Art freie Anverwandlung statt, bei der sich jeweils auch ein wenig der Zeichenstil ändert. Die zarten Blei-, Buntstift- oder Aquarellzeichnungen thematisieren die dunklen Seiten der Seele, den schwer greifbaren Bereich persönlicher Obsessionen. Zwischen ihnen, den literarischen Auslösern und unseren eigenen Geschichten ergeben sich merkwürdige Verbindungen.

 

Mit ihren eindringlichen menschlichen Wesen, die androgyne Anmut mit kindlicher Naivität verbinden, schafft Soulou ein Universum, das elegant zwischen Melancholie und Ekstase, unterdrückten Taten und ungezügelten Emotionen changiert. Die Arbeiten wirken wie aus der Zeit gefallen, sind jedoch mit einer Dringlichkeit vorgetragen, unterfüttert mit Neugier und Lust, die dann doch sehr wohl unserer Zeit zu entsprechen scheint.

 

Christiana Soulou: »Sonnet to the Nile«, Kölnischer Kunstverein, Hahnenstr. 6, Di–So 11–18 Uhr, 28.10.–18.12., Eröffnung Do 27.10., 19 Uhr